Magische Momente mit dem Jodlerklub Wiesenberg

Text: Ko:L
Bilder: musicbild.li/p-f-g.ch
Jodlerklub Wiesenberg feat. Padi
Als der Jodlerklub Wiesenberg am Samstag Abend, kurz vor Mitternacht die Hauptbühne betrat, wurde es plötzlich ruhig – trotz Tausender Musikfans in Hochstimmung vor der Bühne. Bloss ein DJ in einer Bar hatte nicht begriffen, dass sein wummerndes BumBumm jetzt möglicherweise fehl am Platz ist… Mit einem Naturjutz begrüssten die Männer aus dem Bergtal das Publikum. Und nach frenetischem Jubel wurde es nicht mehr ruhig. Es wurde stilll, mäuschenstill vor der Bühne. „Wir haben auf der Bühne gehört, wie die Leute ‚pssst, pssst’ machten“, erinnert sicht Mash-Frontmann Padi, der bei „Ewigi Liäbi“ die Solo-Stimme sang, nach dem Auftritt. Ihm zuliebe kam der Auftritt am siebten Openair Hoch-Ybrig überhaupt zu stande. Denn das siebte Openair Hoch Ybrig brachte nur so Padis siebten Auftritt in Folge am Hoch-Ybrig mit sich. Und als er – wie der ganze Klub im Nidwaldner Sunntigs-Sännetschoope gekleidet – das möglicherweise bekannteste Schweizer Liebeslied anstimmte, legte sich ein Hauch von Magie über den Talkessel am Fusse des Hoch-Ybrig: Aus fünftausend Kehlen hallte der Wunsch nach der „Ewigi Liäbi“ in die sternenbeleuchtete Nacht – laut, klar, rein und unmissverständlich.
Vereinspräsident Alois
Zu glauben, die Hit-Interpretation des Mash-Klassikers und der damit verbundene Charteinstieg in die Album-Top10, hätten nichts als eitel Freude und Minne in den Verein aus Nidwalden gebracht, wäre jedoch ein fataler Irrtum. Lange habe dieses Telefongespräch an einem Sonntag Vormittag gedauert, sagen Padi und Alois, als sie zum ersten Mal direkten Kontakt gehabt hätten. Damals war das Rad schon am drehen, sehr schnell am drehen. Interviewanfragen jagten sich, Manager boten ihre Dienste an, Booker und Plattenfirmen – letztere auch immer mit dem Hintergedanken, eine weitere Version von „Ewigi Liäbi“ aufzunehmen; eine mit Padi und dem Jodlerklub Wiesenberg gemeinsam. „Ich habe Padi gleich zu Beginn klar gesagt, wie unser Standpunkt ist“, sagt Alois und Padi lächelt: „Und ich war sooo froh, dass Alois das sagte.“ Seit dann ist klar: Es gibt „Ewigi Liäbi“ in verschiedensten Versionen – aber eine vom Jodlerklub Wiesenberg featuring Padi wird es nie auf CD geben. „Ich trage das Lied seit zwölf Jahren mit mir rum und hatte einfach das Gefühl ‚Nein, schlachtet es nicht noch mehr aus!“, sagt Padi. So einigte man sich auf den Auftritt am Hoch-Ybrig – „weil dieser Ort mir sehr am Herzen liegt, ich mich hier zuhause fühle und das Lied irgendwie einfach hier hin gehört“, wie Padi sagt – und auf einen Gastauftritt des Mundartrockers an einem Anlass, den die Jodler auswählen können – „irgendwann einmal im nächsten Jahr“, wie Alois mit einem Augenzwinkern in Aussicht stellt.
Jodler auf der Openairbühne
220 Konzertanfragen hat der Jodlerklub Wiesenberg bisher abgesagt – und es dürften fast täglich noch ein paar mehr dazu kommen. „Wir machen unsere Musik nicht um des Geldes wegen. Wir wollen den Leuten eine Freude machen“, sagt Jodlerklub-Präsident Alois. „Wenn wir sehen, dass ein grosser Teil dieser 4000 oder 5000 Leute hier Freude hat, kommt ein teil davon – und das können wir mitnehmen.“ Und plötzlich landet das Gespräch bei der urtümlichsten Idee hinter der Musik: Gedanken, Gefühle und Emotionen in Worte zu fassen und weiterzugeben. Ohne Medien. Ohne Managements. Ohne Veranstalter. Ohne Booker. Ohne Gagen. Ohne Plattenfirmen. Und Padi gesteht freimütig: „Ich sehne mich sehr danach, nur noch Musik machen zu dürfen ohne Erfolgsdruck. Wirklich nur noch zur Freude. Das schönste ist doch, wenn du singen kannst, egal ob vor 50 Leuten oder vor 5000, es macht Spass, zu hast ein Bierli und ein gutes Znacht. Das ist es, was ich vermisse – auch wenn ich das, was ich bisher mit Mash erleben durfte auf keinen Fall missen möchte.“ So ist er tief beeindruckt von der Einstellung der Jodler. „Ich meine: Sie könnten einfach alles machen – es würde problemlos verkauft. Einfach weils hip ist. Aber sie sagen nein. Weil sie’s nicht wollen. Wow – gibt es heute noch so was. Jeder andere, der einmal etwas wie heute Abend erlebt hat, will mehr davon.“
Padi performt mit dem Jodlerklub Wiesenberg
Für den Jodlerklub Wiesenberg war von Anfang an klar, dass dieser Hype, der mit der Chor-Version von „Ewigi Liäbi“ um sie losgebrochen ist, nicht kommerziell ausgeschlachtet wird. „Diesen Entscheid haben wir demokratisch gefällt und daran halten wir uns“, sagt Alois bescheiden. Denn: Der Mundartklassiker rutschte erst im letzten Moment auf die CD, „einfach, um den Leuten eine Freude zu machen“. So wie übrigens schon seinerzeit bei Mash… Doch der Vereinspräsident gibt auch unumwunden zu: „’Ewigi Liäbi’ auf die CD zu nehmen, war für uns ein Quantensprung. Wir mussten entscheiden, ob wir als Jodler, die sich dem Naturjutz veschrieben haben, das Lied überhaupt aufnehmen. Denn Jodel und Mundartrock passt eigentlich nicht zusammen.“ Doch als der Entscheid gefallen und der Song eingespielt war, war klar: Dabei soll es bleiben. Fast schwieriger, als den Entscheid, wie weiter oder nicht mit der Vermarktung der Jodel-„Ewigi Liäbi“ zu fällen, sei es, den Leuten verständlich zu machen, warum eben keine Single ausgekoppelt werde und warum der Verein 30 Konzerte singt und nicht 250. „Eigentlich haben wir schon zu viele Auftritte angenommen. Aber da war immer dieser Eindruck ‚da chännemr doch schier nit näi säge’“, sagt Vereinspräsident Alois.
Alois und Padi im Talk mit Ko:L
Doch er sieht den enormen Erfolg von „Ewigi Liäbi“ auch als Chance. „Wer unsere Version hören will, soll auch unseren Naturutz hören“, erklärt Alois. Eine Single-Auskoppelung sei schon deshalb nie in Frage gekommen. „Plötzlich merken Fans von Mundartrock, dass auch im Naturjutz Melodien stecken, die das Herz erwärmen.“ Denn: „Wir haben alle 100-Prozent Jobs und Jodeln soll für uns ein Hobby, eine Freude bleiben.“ Und: Alois weiss, „dass wir uns jedes Mal in den Arsch klemmen müssen, wenn wir in unseren Jodlerkreisen auftreten, um wirklich dem Publikum das beste zu bieten.“ Denn er weiss: „Viele denken, weil wir bekannt seien, seien wir auch extrem gut – und beobachten uns daher sehr kritisch. An jedem Geburtstag oder Hochzeit, an dem du singst, hat es Leute, die was von der Sache verstehen und die wollen uns in Topform sehen!“ Nicht zuletzt deshalb war auch am Openair Hoch-Ybrig nach dem Essen das gemeinsame Einsingen angesagt – auch wenn die Jodler auf der Bühne „nur“ zwei Lieder gaben.
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