May Day – „Morgarot“, und der Tag ist noch lange nicht zu Ende
Text: DasSchaf
Bilder: May Day
May Day, das sind die Bündner Urgesteine des Rock. May Day, das ist die Band, die „Rock vo verschtosch“ macht. Hardrock auf Mundart. Speziell und einfach immer wieder geil. Es ist ihr Erfolgsrezept, dass man sie eben versteht, die Bündner. Dass man versteht, wovon sie singen, und dass man sich darin immer wieder irgendwie selber finden kann. „In den Anfängen haben wir auch englische Songs gespielt, aber das haben wir schnell wieder aufgegeben. Neben Rumpelstilz waren wir damals auch die einzigen, die sich an Rock auf Mundart gewagt hatten – und haben uns so unseren Platz in der Szene erspielt und gehalten“, so May Day-Bassist Röbi. Aber wenn die Fans denn so genau verstehen, was da gesungen wird, dann muss man sich beim Texten doch ein wenig mehr ins Zeug legen, nicht? „Also ich erwarte eigentlich auch von einem Engländer, dass er sich Gedanken über seine Texte macht, wenn er sie schreibt“, schmunzelt Röbi, und fügt an, „Klar macht man sich da mehr Gedanken, und es liegt uns natürlich am Herzen, dass unsere Songtexte Hand und Fuss haben und nicht einfach banales Geplänkel sind.“ Wie in der Literatur: es gibt gute und es gibt weniger gute Bücher… May Day treffen mit ihren Songs nun seit Jahren über ihre lange Bandgeschichte immer wieder den Nerv des Publikums, also scheinen die Bündner Rocker ihren Job diesbezüglich nicht allzu schlecht zu machen. Nein, sie machen ihn wirklich gut. Man höre nur mal genau zu.
Die neuste Scheibe in der Reihe der May Day-Platten heisst „Morgarot“. Das Album klingt ein wenig nach „back to the roots“, tönt rockig, derweil auch recht hart. Viele Fans vermissen darauf die schönen Balladen, für die May Day doch so bekannt sind. Andere wiederum sind hell begeistert und finden: das sind wieder May Day, so wie wir sie kennen und lieben. Sie hätten beide Meinungen schon gehört, so Röbi, jedoch nie: „Das Album ist scheisse.“ Und das erfreue sie doch sehr. Durch die Personalwechsel bandintern hat sich die Gelegenheit ergeben, sich ein wenig neu zu orientieren. „Und dann haben wir wirklich einfach nur das gemacht, worauf wir Lust hatten – und einige Todsünden begangen“, grinst Röbi. Ein fast 8-minütiger Opener, durchs Band irgendwie nicht „radiotauglich“. Und doch, oder eben gerade deswegen richtig gut! „Es hat enorm Spass gemacht, dieses Album aufzunehmen. Klar, jedem Radiomensch stehen die Haare zu Berge, wenn er das hört, aber das ist uns auch ziemlich egal“, so der Bassist. Auch vom Stil her wagte man sich wieder in rockigere Gefilde. „Mundart-Pop, das machen viele. Plüsch und wie sie alle heissen. Wir wollten wieder zurück zum richtigen Mundart-Rock“, erklärt er. Züruck – und angekommen.
Schaut man den Urgesteinen des Mundart-Rock aus dem Bündnerland auf der Bühne zu, dann kann man nicht anders als mitsingen, mitklatschen, mitwippen. Eine enorme Spielfreude, welche diese Band trotz jahrelanger Routine an den Tag legt, und schlicht und einfach ganz viel Charme sprüht uns da entgegen. Man merkt: das ist eine Band, kein zusammengewürfeltes Konstrukt. „Es macht so richtig Spass mit den Jungs, wirklich. Momentan in dieser Konstellation fühlt sich die ganze Sache einfach toll an. Wenn mal einer keine Zeit hat zum Proben, ist man schon fast enttäuscht – ja, diese Band ist eine wahre Freude“, schwärmt Röbi. Letzthin seien er und Edi, die beiden Urväter von May Day, mal bei einem Bierchen zusammengesessen und hätten die Zeit Revue passieren lassen – und beschlossen, dass es so noch lange weitergehen kann. Die Zeit Revue passieren… da gibt es bestimmt ein Anekdötchen, das man uns erzählen könnte? Röbi lacht. „Da kommt mir doch der Edi in den Sinn. Wir waren in Huttwil, hatten da ein Konzert. Hinter dem Keyboard auf der Bühne war eine Art Notausgang. Wir spielten, da kam das Gitarrensolo, und plötzlich sahen wir: Türe auf, Türe zu, Edi weg. Gitarrensolo, Gitarrensolo, Gitarrensolo… Wo zum Teufel ist Edi?! Und dann plötzlich wieder: Türe auf, Türe zu, kurz an der Hose gezupft und perfekt zu seinem Einsatz sass der Edi wieder an seinem Keyboard. Der schnellste Keyboarder der Welt, sozusagen!“ Ich glaube kaum, dass dies die einzige, geschweige denn die Letzte Anekdote in der Geschichte der Bündner Rocker ist. „Rock wo verschtosch“ funktioniert noch immer und die Rockmaschine rollt weiter. „Ich glaube schon, dass wir noch ein weiteres Album aufnehmen werden“, meint der Bassist. Und das aktuelle Album heisst ja schliesslich „Morgarot“ und nicht „Oberot“ – Röbi lacht abermals: „Mier hend aso no an ganza Tag vor üs!“