Mia Aegerter fragt: Chopf oder Buuch?

Text: Ko:L
Bilder: Cover/miaaegerter.ch
„Chopf oder Buuch“, fragt Mia Aegerter im Titel ihres dritten Albums. So richtig schlüssig beantwortet wird die Frage jedoch bis am Schluss der CD nicht. Der „Vulkanier“ oder das „Pokerface“ dürfen getrost als Synonyme für Chopf betrachtet werden, Songs wie „Du dänksch“, „Aues ächt“ oder „Eifach si“ stehen hingegen für Buuch. „Alles in allem ist das 'Chopf oder Buuch' sicher leichtfüssiger als 'Vo Mänsche u Monschter'“, sagt Mia Aegerter selber, „und womöglich auch etwas ironischer.“ Als Grund für diese wiedergewonnene Leichtigkeit nennt die Sängerin und Schauspielerin die Tatsache, dass es bei der Arbeit am neuen Album besser ging, als auch schon. „Auch wenn die letzten zwei Jahre nicht immer einfach waren.“ Denn: Am Ende blieben von der alten Crew nur noch sie selber und ihr langjähriger Kreativpartner Julian Feifel übrig. „Das war zum einen ein schmerzhafter Prozess, zum anderen aber auch unheimlich befreiend, weil wir plötzlich total unbelastet ins Nichts hinaus arbeiten konnten.“
CD-Cover: Mia Aegerter - Chopf oder Buuch
Entstanden ist ein Werk „mit vielseitiger Musik, zu der man sich vielleicht sogar bewegen kann“, das aber auch zahlreiche sehr intime Momente bietet – egal, ob musikalisch auf die Tube gedrückt wird, oder eher Ruhe angesagt ist. „Jeder Song ist irgendwo intim, nicht zuletzt weil er in meiner Gedankenwelt entsteht“, sagt Mia und erklärt: „Jeder Mensch geht durchs Leben und beobachtet und reflektiert gewisse Dinge oder hinterfragt sein Handeln und sein Denken. Ich schreibe diese Dinge halt auf und mache Songs daraus.“ So werden Mia Aegertes Achterbahnfahrten durch die Gedanken- und Gefühlswelt plötzlich zur Projektionsfläche für andere Menschen; jene, die diese Songs hören. „Ich brauche die Vorstellung, dass ich Menschen dazu bewegen kann, ein Gefühl zu entwickeln, wenn sie meine Musik hören, um arbeiten zu können“, sagt sie, und bezeichnet die Möglichkeit, als Künstlerin mit freien Arbeitszeiten und unregelmässigen Tagesabläufen arbeiten zu können, als Privileg.
Mia Aegerter
Diese Freiheiten verlangen jedoch auch Disziplin, wie die Musikerin nur allzu gut weiss. „Ich bin ein disziplinierter Mensch“, sagt sie von sich selber und fügt lachend an: „Zumindest in der Arbeit. Im Sport weniger...“ Diese Disziplin hat für Mia Aegerter allerdings nicht nur mit Arbeit im Sinn von Malochen und nicht wissen, wozu, zu tun, sondern auch mit „Selbstzerstreuung“, wie sie selber sagt. „Als das zweite Album fertig und raus war und alles wieder etwas ruhiger wurde, konnte ich nicht einfach auf eine Reise gehen, wie ich eigentlich geplant hatte. Ich musste zuerst wieder einen gewissen Level an Wohlbefinden erreichen – und das kann ich mit arbeiten. Wäre ich reisen gegangen, hätte ich nur nachgedacht und nichts gemacht. So ist Arbeit für mich gleichzeitig Entspannung.“
Mia Aegerter
Dabei kann sie – wenn sie wie momentan den Hut der Musikerin trägt – auch von der Schauspielerei profitieren – und umgekehrt: „Es gibt erstaunlich viele Parallelen zwischen Musik und Schauspielerei. In meiner letzten Rolle musste ich zum Beispiel immer wieder rumschreien. Da war ich extrem froh zu wissen, wie ich meine Stimme aufwärmen muss.“ Das Pokerface, welches sie im gleichnamigen Song besingt, könne sie jedoch als Musikerin kaum aufsetzen, gesteht Mia: „Ich glaube nicht, dass mir das gut gelingen würde. Ich glaube, selbst wenn ich wollte, könnte ich mich in meiner eigenen Haut relativ schlecht verstellen. Aber womöglich müssten andere diese Frage beantworten.“
Mia Aegerter
Andere werden es auch sein, welche über Erfolg und Misserfolg von „Chopf oder Buuch“ entscheiden; das Publikum, das die CD oder Mia live hören will, Radios, die Goodwill äussern und die Songs spielen – oder nicht, und so fort. „Mein Wunsch an das Album ist, dass wir Support erhalten und es wohlwollend aufgenommen wird“, sagt Mia Aegerter bescheiden – und „Natürlich“ möchte sie auch den Festivalsommer gut nutzen und einige Openairs spielen können. Gleichzeitig zeigt sie sich aber auch dankbar, dass das Album jetzt überhaupt fertig ist und in die Läden kommt. „Wir haben das ganze Ding im Alleingang durchgezogen“, sagt sie, „und darauf dürfen wir glaube ich stolz sein.“ Und bodenständig wie sie ist, sagt sie: „Ich feire einzelne Schritte, wenn sie erfolgreich abgeschlossen sind. Dazu gehört auch die Veröffentlichung des neuen Albums.“ Dabei kann „feiern“ nicht zwingend mit „Party machen“ gleichgesetzt werden. „Dass kann auch innerlich, im ganz persönlichen Rahmen sein.“ Trotzdem: „Chopf oder Buuch“ - und Mia – hätten es verdient, wenn demnächst vor den Bühnen ihrer Konzerte zahlreich und heftig mitgefeiert würde...!
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