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Navel kümmern keine Vorschusslorbeeren

Text: Debi
Bilder: adrenaline-pictures.ch/musicbild.li
„Derselbe Sänger steht dort auf einer Bühne und schreit die Farbe von der Wand. Schreit, bis den Leuten die Brillen anlaufen, das Bier gefriert, der Boden wankt, taut und weich wird vor Schock und Schreck. Und sich das Publikum fragt: WAS ist DAS? Es ist offensichtlich eine Rockband – aber vor allem ist das ein Monstrum. Es zerreisst die Vorstellung von einem lässigen Abend in lächerliche Stücke und bietet statt Unterhaltung etwas völlig anderes.“ (aus: Die Weltwoche, Albert Kuhn, November 2006). Jeder Versuch, Navel zu beschreiben, scheitert daran, dass sie bis ins letzte Detail beschrieben worden sind – und davon wenig mehr so treffend ist wie dieses Zitat.
Navel live am Greenfield Festival Interlaken
Erst haben sie zusammen „Wer hats erfunden?“-Bonbons abgepackt – heute touren Eve Monney (bass/voc) und Jari Antti (git/screaming) aus dem baselnahen Erschwil mit Olivier Jolie durch die Schweiz und Europa, haben unter dem Bandnamen Navel eine Vinyl-Single herausgebracht und zum Berliner Indie-Label Louisville gefunden. Hat die Schweiz keinen Platz für Grunge? „Es hat überall Platz für Rock“, sagt Olivier, lächelt mich an, und so wie er es sagt, klingt es überhaupt nicht korrigierend. „Grunge?“ frage ich und Eve fragt an seiner Stelle zurück: „Ist das nicht Rock?“ – ich: „Doch. Dann legt ihr auf eine Zuordnung Wert?“ – „Ich finde, es ist nicht alles Grunge“, sagt sie. „Bloss weil wir lange Haare haben…?“, fragt sie rhetorisch und pikiert zurück. Und erklärt: „Nein, wir machen auch Disco, so zur Verarschung.“
Navel live am Greenfield Festival Interlaken
Und ja, ich habs gehört: Navel bauen auch Metal-Elemente mit ein, was dem Sound unglaublich gut ansteht. Aber eigentlich will ich in eine ganz andere Richtung vorstossen: Es ist einfach, zwischen den Sängern von aufstrebenden jungen Bands und musikalischen Grössen Parallelen zu ziehen. Und es gibt manche Band, die gelernt hat, diese Vergleiche bewusst beizuziehen und sich gezielt zu vermarkten (und allenfalls sich später von diesem Schatten wieder zu trennen). Wo stehen Navel in diesem Vergleichsdschungel?
Navel im Talk mit trespass.ch am Greenfield Festival Interlaken
Glaubt man den Kritikern, denen die Lobeshymnen nur so aus den Federn tropfen, so ist Navel die Antwort auf alle Fragen. Und Jari der reinkarnierte Kurt Cobain. Mindestens optisch: Mit seinem ungekämmt-wirren blonden Haar, den Gesichtszügen, die vor Schwermut triefen und blau-glasigen Augen, die in die Ferne blicken. Aber Navel scheren sich nicht um Konventionen. Sie spielen, also sind sie. Das Understatement das daraus folgt, pflegt Eve auch von Angesicht zu Angesicht. Wer nachhakt, kriegt keine klarere Antwort, als die da bereits ist. „Ja, da sind gewisse Ähnlichkeiten zu Cobain“, sagt sie beispielsweise. „Aber ich hab noch nie eine Nirvana-Show gesehen.“ Damit ist das Thema erledigt und erschöpft. Olivier wiegelt ab und meint: „Eigentlich könnte man ja auch das Pech haben, mit einem Arschloch verglichen zu werden.“
Navel live am Greenfield Festival Interlaken
In Berlin sind Navel weitaus populärer als hier, zuhause. Die übergrosse Resonanz auf ihr Tun führen Eve und Olivier darauf zurück, „dass wir eine Schweizer Band sind, die aber unter einem Deutschen Label läuft“, sagt Eve. „Das ist ein Phänomen“, meint der Drummer. Nämlich dass Schweizer erst wahrgenommen werden, wenn sie im Ausland Erfolge feiern. Ihre Demos fanden in der Schweiz kaum Anklang, sagt Eve. „Es geht dabei auch um Interesse und wer was machen will“, sagt sie. „Im Moment ist das halt nicht genug im Trend, als dass man damit Geld verdienen könnte oder so.“ Die Labels, speziell die konservativen, würden heute genau rechnen und hätten ein kleines Budget, zeigt Olivier auf. „Und weil Deutschland halt schon ein verdammt grösserer Markt ist, reden wir hier auch von einem anderen Spektrum.“
Navel im Talk mit trespass.ch am Greenfield Festival Interlaken
„Was heisst das, Vorschusslorbeeren?“ Eve scheint verärgert. „Wir können nichts anderes als spielen“, springt Olivier dazwischen. Und wohin ihr Weg die Band führe, wisse sie auch nicht. „Ich bin keine Wahrsagerin.“ Aber es sei sicher ein guter Weg, „wenn man im Leben das macht, woran man glaubt und wovon man glaubt, dass man es kann.“ Eve steckt alles in ihre Band.
Navel im Talk mit trespass.ch am Greenfield Festival Interlaken
„Aus der Perspektive eines Besuchers gehe ich lieber an kleinere Events“, erklärt Eve. „Aber aus Sicht einer Band gibt es nichts Grossartigeres, als an einem Openair vor Tausenden zu spielen.“ Navel haben am Greenfield-Festival das Zelt ausgepackt und sind nach ihrem Auftritt am Freitagabend bis sonntags geblieben. Danach sind die Musiker weitergezogen. Ans Paleo Festival Nyon und ans Festival les Eurockéennes in Belfort. „Dabei fühlen wir uns wie in einem Roadmovie“, sagt Olivier.
Navel - CDs anhören und bestellen
www.myspace.com/navelofswitzerland
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