Nega - ein Bär unter Wölfen
Text/Bilder: Monthy
Wenn man einem Schweizer Rapper ganz sicher nicht in einer dunklen Gasse begegnen will, dann ist es Nega. Der bullige Afroamerikaner kokettiert gern mit dem Look eines Gangster-Rappers und wirkt gegenüber dem durchschnittlichen nationalen Reimeschmied wie ein Säbelzahn- gegenüber dem heutigen Tiger. Ich frage nach, ob sein Image ihn öfter mal einhole und die Leute ihn für einen echt harten, ghettogestählten amerikanischen Brother hielten? "Ja, einfach nur wegen der Art wie ich mich kleide", bestätigt er meine Vermutung, "Ich trage halt gerne Hoodys und so. Für den Auftritt heute haben wir uns spezielle Masken angefertigt und haben den ersten Song vermummt gespielt. Das sind schon Gangster-Allüren, aber meine Musik ist wirklich nicht so."
Es mag im ersten Augenblick unfair anmuten, das Thema anzusprechen. Aber es ist nun mal die Aktualität, dass die schöne, brave und liebe Schweiz nach der Schlägernacht von München international plötzlich mit anderen Augen angeschaut wird. Das mögen nun nicht ausdrücklich Hiphopper gewesen sein, aber das Thema Gewalt ist auch in dieser urbanen Subkultur nicht unter den Teppich zu kehren. "Die Schweiz ist wirklich ein Land mit drei Teilen. Die Sprachen machen auch die Kultur im jeweiligen Teil aus. Ich kann über die Deutschschweizer Jugend eigentlich gar nichts sagen", windet er sich ein wenig aus der Frage, fügt aber eine interessante Beobachtung hinzu: "Mir scheint, dass es in der Romandie den Stolz, Schweizer zu sein, fast nicht gibt. In der Deutschschweiz ist er dagegen recht ausgeprägt." Die hehren Ideale des Hiphops zu vermitteln - so à la B-Boying, Graffito und Rhymes - scheint allerdings schon immer schwieriger zu werden. Nega: "Das ist so. Dabei will ich doch eigentlich nur, dass mir die Leute ihre Hände entgegenstrecken und auf und ab wippen. Meine Musik ist wirklich friedlich. Aber es gibt leider überall Typen, die die Message missverstehen."
Nega wurde massgeblich als Teil von Stress' Crew bekannt. Die Frage, inwiefern ihm das geholfen habe, muss ich Nega deshalb sowieso stellen. - "Er hat mir speziell für mein letztes Album sehr geholfen. Er war dabei, als der Vertrag unterzeichnet wurde und hatte mir viele Ratschläge gegeben hinsichtlich Business. Er sagt mir immer, ich sei zu sehr auf die Musik fixiert und müsse mich für das Darumherum öffnen." Dass Nega das Geschäftliche anspricht, spielt mir gerade in die Karten. Denn da gab es doch vor nicht allzu langer Zeit eine Geschichte, dass Nega's CD nicht in den Läden erhältlich war... - was war da nun genau? Nega: "Es war so schräg. Ich habe eigentlich keine Antwort. Es war hart für mich, weil es ausgerechnet den grössten Store betrifft. Viele Leute haben uns gesagt, wir können deine CD nicht finden..." Ich schlage vor, dann gleich selbst einen Store auf der Homepage einzurichten und die CD selbst zu verkaufen. "Ja, und an den Gigs. Ich muss mir offenbar selbst helfen...", lacht Nega mit etwas Verzweiflung in der Stimme.
Ob er wenigstens fürs nächste Album etwas daraus lernen konnte, frage ich weiter und Nega hat gleich eine Ankündigung für mich bereit. "Nächstes Jahr werde ich für vier Monate nach Amerika gehen. Texas oder Miami, das ist noch nicht entschieden. Vor allem, um englisch zu lernen...", seinem Ton ist anzumerken, dass er das als Rapper wohl eh schon können müsste und ich lache, weil mir auch noch nie ein Rapper gesagt hat, er müsse englisch lernen. Nega fährt fort: "Morgens werde ich also zur Uni gehen, nachmittags kümmere ich mich dann um die Musik und mein neues Album. Wahrscheinlich ist Texas, weil ich dort ein paar Leute kenne, die es mir erleichtern würden." Das Album wird dann auch gleich dort produziert. Bleibt zu hoffen, dass sich Nega nicht in jeder Hinsicht amerikanisieren lässt...
Nachdem der Schweizer Hiphop jahrelang geboomt hat, scheint er sich nun schon ein bisschen einzurichten. Album Nummer 2 und 3 der arrivierten Acts sind draussen, interessante Projekte verbergen hinter neuen Namen immer wieder die alten Gesichter. Platz für viele Newcomer scheint momentan nicht zu sein. Welchen Tip hat Nega für eine junge Band, die um einen Platz an der Sonne kämpfen will? - "Es hat immer noch Platz für mehr Hiphop. Aber es ist hart, das stimmt. Mit Stress zusammen habe ich kürzlich Mammady mit Features unterstützt - viel mehr kann man aber für jemand anderen nicht tun. Ich sage auch immer, man muss seine Reise selbst machen. Wartet nicht darauf, dass irgendjemand kommt und euch an der Hand nimmt. Macht eure erste LP selbst. Die Strasse ist gut genug. Wir haben Internet... Also einfach immer pushen!"