Pablopolar - in der Ruhe liegt die Kraft...
10.5.2013; Text: Monthy, Bilder: Promo/Monthy
Es ist an sich schon nicht ganz fair - ein Mensch durchlebt in einem einzigen Tag gegen ein Dutzend Stimmungen. Von einer Band aber verlangt man, dass sie eigentlich immer das gleiche macht, wenn auch immer ein bisschen anders. "Das ist dann paradox, wenn man davon ausgeht, dass die Musiker einer Band sich auch immer in dieser Stimmung befinden müssen. In dem Fall wären wir ziemlich sentimentale Menschen. Wir machen melancholische Musik, sind aber nur zum Teil melancholische Menschen und haben auch ganz andere Stimmungen. In der Musik ist es durchaus möglich, ein Gefühl herzuleiten, dass man nicht direkt verspürt. Dafür reicht die Erfahrung. Man sollte es sicher schon einmal erlebt haben, um es gut zu treffen.", philosophiert Manuel munter drauf los. Pablopolar gehen zum Lachen also nicht an den Nordpol und - es kommt öfter vor, als man von ihrer Musik her schliessen würde. "Ich hoffe doch, dass wir ganz normale Menschen sind - ausser Pablo vielleicht, der ist schon speziell...", beweist mir Mänu mit einem spassisgen Seitenhieb gegen seinen bisher stillen Kollegen, dass es tatsächlich so ist.
Für ihren Sound haben sich Pablopolar aktuell ein treffendes Symbol erwählt - den Schlafwandler. Der Titel bietet sich an für Assoziationen wie "mit schlafwandlerischer Sicherheit". Das Cover übrigens istkein Fake! Da hüpfte also tatsächlich einer mit Anzug steif wie ein Brett (diese Körperhaltung!) in einen Tümpel hinein. Schlafwandeln hat aber auch viel mit Automation zu tun und versinnbildlicht auch ein bisschen den alltäglichen Trott. Man funktioniert schliesslich ohne aktiv darüber nachzudenken. Ich nehmen dieses Bild als Anlass zu fragen, ob sie denn nicht manchmal auch Lust hätten auszubrechen? - Manuel wieder: "Ich habe das Gefühl, das machen wir schon auch. Wenn ich unsere CD anhöre, gibt es da ganz viel Verschiedenes. Ich halte uns eher für vielseitig und fühle mich nicht erdrückt. Jeder Song bietet mir Möglichkeiten auszubrechen." Dabei kommt mir in den Sinn, dass Walter Stürm, der Ausbrecherkönig, meist auch nicht Wände einriss sondern sich viel eher im richtigen Moment unauffällig durch eine Seitentür verabschiedet hat.
Für mich beisst sich das aber schon ein bisschen - Rock und ruhig. Wofür hab ich dann meine Haare so lange wachsen lassen? - Um auch den eigentlichen Namensgeber der Band etwas mehr einzubinden, drehe ich mich bei meiner Frage nach dem eigenen Verständnis von Pablopolar (- Rockband oder nicht?) konkret Pablo zu. Der meint: "Ich sehe uns nicht als Rockband. Rock ist dann doch etwas härter von der Gangart her..." Manuel sieht das - ich erkenne langsam ein Muster - wieder mal ein bisschen anders: "Für mich sind wir eine Rockband. Es gibt tolle Bands, die eigentlich sehr ruhig sind, aber trotzdem sehr mächtig. Deshalb beisst es sich für mich nicht unbedingt. Hardrock, schon. Aber Rock ist soooo breit." Dass er nicht noch die Arme ausbreitet um mir wie ein Fischer von seinem Fang zu erzählen, passt doch auch. Schliesslich wollen alle Fischerboote in Richtung Polarmeer - nur die Pablo ist schon da. Ich habe aber jetzt nicht gesagt, sie würde herumdümpeln ;-) Denn Manuel hat schon recht, wenn er sagt: "Man kann gleichzeitig laut und leise sein!"
Da ich ja ähnlich unerschroken bin wie ein alter Seebär wage ich nun zu fragen, ob man ihren Sound allenfalls schon als "Schlafmusik" oder "Weicheier-Rock" bezeichnet habe. Auf die Idee brachte mich der Track "Monterey Bay". Pablo wehrt sich: "Nein, solches Feedback kennen wir nicht. Und bei 'Monterey Bay' ist zwar der Aufbau langsam und ruhig - aber wenn du das Ende des Songs hörst, wachst du dann schon wieder auf. Wir haben tatsächlich sehr verträumte Passagen auf dem Album - das vielleicht genau deshalb 'Sleepwalker' heisst..." Das Prinzip "klein anfangen und gross aufhören" haben Pablopolar in ihrer Bandgeschichte verinnerlicht und perfektioniert. Für sie muss das eben so sein bei einem guten Song. "Ein Stilmittel, das wir gerne und oft gebrauchen", ergänzt Pablo. Ich persönlich war hingegen schon froh, als "Peter Pan" beim Listening dran war. Und später ging es mir bei "Arlene" gleich noch einmal so. Die beiden Tracks sind quasi die Up-Tempo-Nummern der Berner, die dem Cliché ein bisschen mehr entsprechen als ich das wohl tue. (Dreizehn Jahre Zürich haben meinen Takt beschleunigt...) Manuel: "Sie sind auch live sehr dankbar zum Spielen. Als Zuhörer musst du schon sehr parat sein für uns. Und die Leute klinken sich ja auch gerne mal aus. Diese zwei - und übrigens noch einer - erlauben ihnen das und animieren dann auch gleich, etwas aus sich heraus zu kommen."
Sie sind also so etwas wie die Aufheller eines Album, das nicht gerade aus Quecksilber gegossen wurde, aber na ja... Aufgefallen ist mir noch einer und ich habe mich gefragt, ob ich jetzt Sklave meiner eigenen CD-Sammlung bin, wenn ich den Klang und den Beat von Moorcheeba in 'Almost every Day" höre - in was für Gewässern fischen Pablopolar eigentlich noch alles? - Pablo: "Wir versuchen, nur uns selbst als Gradmesser zu nehmen und uns auch nicht zuviele Einschränkungen aufzuerlegen. Wenn wir einen catchy Beat hören, dann fliesst der mit ein. Das geht hauptsächlich nach Geschmack. Und es stimmt absolut: 'Almost every Day' ist definitiv ein Triphop-Beat." Der ähnliche Klang in der Meldoie ist dann wirklich einfach Zufall. "Wir haben viele Half-Time-Sachen ausprobiert. Das ist so eine...", schliesst Pablo das Thema ab. Der Vergleich ist von meiner Seite her aber wirklich als Kompliment gemeint, das sich die Jungs mit ihrem aktuellen Album auch redlich verdient haben. Getauft wurde dies gleich doppelt - diese Woche in der Heimat und im mondänen Zürich. "Es sind ja eigentlich mehr Release-Konzerte", verrät mit Pablo, der sich aber sehr auf den Auftritt im Dachstock der Reithalle freute. Eine Plattentaufe zuhause ist ein absolutes Muss - in Zürich hofften Pablopolar dagegen schon noch eher darauf: "...drei, vier neue Fans zu gewinnen." - und das werden sie auch. Denn wer sich mit der Materie ein bisschen auskennt (spirch Pablopolar), weiss: In der Ruhe liegt die Kraft!