Pegasus: Technisch. Menschlich. Befreit!

13.9.2011/Text: Ko:L, Bilder: Promo
„Human.Technology” – der Name des neuen Albums von Pegasus ist Programm. Die 11 Songs der vier Bieler wandeln genau auf diesem schmalen Grat zwischen menschlicher Wärme und technoider Kälte, der das Leben im digitalen 21. Jahrhundert charakterisiert. „Something in the Air“ etwa ist im Grund der Dinge ein schlichter Songwriter-Song, dank feinen Keys aber zu echtem Disco-Bombast angereichert. Der direkte, schnörkellose und heissblütige Retro-Rock ist die Basis, auf der sich Pegasus trotz noch jungem Alter – die Jungs sind alle vier gerade mal um die 20 – den Ruf als vorzügliche Songwriter und vor allem Live-Entertainer erarbeitet haben; in Songs wie „City Lights“ drückt er weiter deutlich druch. Mit „Human.Technology“ wagen Pegaus jedoch den nächsten Schritt: Sie haben sich in die Keller von Roman Camenzinds und Fred Hermanns Hitmühle begeben, in der schon Bligg und Baschi ihren Sound haben massentauglich schleifen lassen, und haben für ihre neuste Platte den Zauberkasten mit den Elektronischen Wunder-Werkzeugen geöffnet. Das Resultat: Treibender und sehr sehr melodiöser Rock, den das Publikum im 21. Jahrhundert dank elektronischer Versatzstücke lieben wird – und den das Publikum schon in den 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts geliebt hat, bloss ohne Elektronik. Mit anderen Worten: Pegasus schaffen es, mit ihrem neuen Album, die Brücke vom Gestern ins Morgen zu schlagen, ohne sich selber untreu zu werden.
Pegasus machen den nächsten Schritt
Oder wie es Frontmann Noah ausdrückt: „Ja, das Album ist ein richtiger Berfreiungsschlag!“ Eine Befreiung vom eigenen 60ies-Korsett, dass sie sich selber angelegt hatten? „Man kann das schon so sagen“, antwortet Bassist und Tastenmann Gabriel. Noah bringts auf den Punkt, wenn er sagt: „Hey, wir machen seit 15 Jahren Musik – irgendwann war einfach Zeit für etwas Neues.“ Allerdings haben die vier Jungs etwas länger gebraucht, um das zu realisieren. „Wir hatten unser Album schon fertig aufgenommen, ganz in der Tradition der beiden Vorgänger“, sagt Noah, „aber dann merkten wir, dass dieser strikte 60er-Stil nicht mehr unser Ding ist. Das sind nicht mehr wir.“ Also haben die Jungs die ganzen Songs über Bord geschmissen und noch einmal von vorne angefangen. Vollmeise? „Möglich“, sagt Noah mit einem Lächeln. „Aber es war das beste, was wir tun konnten.“ Auf jeden Fall erscheint die Platte am 16. September – und die Band freut sich offensichtlich enorm.
CD-Cover: Pegasus - Human.Technology
Auf „Human.Technology“ haben sich Pegasus von Vorgaben – eigenen und fremden – ebenso befreit, wie von irgendwelchem Druck, der vor allem von aussen immer wieder an sie herangetragen wird. „Viele sagen, das dritte Album sei ein sehr wichtiges und jetzt werde sich viel über unsere Zukunft entscheiden“, sagt Noah. „Wir sagen: Wir sind einfach eine Band, die Musik macht.“ So sei auch die Zusammenarbeit mit der Hitmill-Crew entstanden: „Ich habe zusammen mit Roman Camenzind einen Song für einen TV-Auftritt vorbereitet“, erzählt Noah. Die Idee, diese Arbeit auf ein ganzes Album auszudehnen, sei erst später entstanden. Gabriel berichtet: „Wir wollten mit diesen elektronischen Elementen herumzuexperimentieren. Um das gut umzusetzen, brauchten wir jemanden, der sich damit auskennt, der ‚jung’ denkt.“ Der Rest ist Geschichte: Pegasus haben ein komplett neues Album aufgenommen – und sind nun bereit, mit diesem den nächsten Schritt zu machen. Ein nächster Schritt, der beispielsweise neue Technologien betrifft: Das CD-Cover ist gleichzeitig ein QR-Code, den man mit einer Smartphone-App fotografieren kann und einem dann direkt auf die Bandhomepage und einer Widmung der Band führt; im Booklet selber ist ein weiterer QR-Code, über welchen die CD-Käufer zu einem zusätzlichen Gratis-Song geführt werden.
Pegsus machen den nächsten Schritt
Ob dieser nächste Schritt Pegasus auch ins Ausland führt, ist offiziell noch offen. Gabriel und Noah sagen beide, das Ausland spiele in den Plänen von Pegasus eine Rolle. „Aber wir sind lange genug dabei, um zu wissen, dass es falsch wäre, jetzt vollmundige Ankündigungen zu machen, die wir plötzlich nicht einhalten können. Solange nichts fix ist, sagen wir zu diesen Plänen nichts“, sagt Gabriel. Viel eher wollen sie sich jetzt zu allererst im Überschreiten musikalischer Grenzen so richtig austoben. „Wir werden auch auf dem neuen Album von Stress mit einem Song vertreten sein“, sagt Noah, uns sein Lächeln wird zu einem schelmischen Grinsen, als er wiederholt: „Das Album ist ein richtiger Berfreiungsschlag!“
Und das, obschon Noah erklärt: „Die neuen Songs sind immer noch Pegasus pur. Aber die elektronischen Hilfsmittel geben den Songs eine klarere Struktur, als bisher.“ Wirkt sich das live auch aus; geht da nicht ein wenig die Spontaneität verloren – ein Pegasus-Markenzeichen? „Überraschenderweise nicht“, sagt Noah. „Wir haben jüngst eine Woche lang geprobt – und ich habe mich noch nie so frei gefühlt als Musiker!“ Und doch wird sich das neue Kleid der Pegasus-Songs auch live bemerkbar machen. „Wir haben einen Tour-Keyboarder mit dabei“, sagt Noah, „und wir wollen richtig Gas geben – nicht nur mit den Songs, sondern mit der Show ganz allgemein. Alles wird grösser.“ Aber: „Gleichzeitig haben wir auch ein Akustik-Set am Start, in dem wir die Songs sehr reduziert präsentieren werden.“ Eine Aussage, mit der sich der Kreis wieder schliesst: Auf „Human.Technology“ – und überhaupt bei Pegasus’ aktuellem musikalischem Schaffen dreht sich derzeit alles um Gegensätze. „Um einen Song zu schreiben, muss man zerrissen sein, aufgewühlt und von Leidenschaft getrieben“, wird die Band im Promo-Text zitiert – und erklärt damit, wie grosse Songs wie „Rise Up (Black Dog)“, der dem Widerspruch zwischen Aufbruch und Depression gewidmet ist, entstehen können; und dass die Zeit, in der die netten Buben über schöne Sommernachmittage und liebe Mädchen geschrieben haben, vorbei ist.

Live:
Mittwoch, 21.9.2011, Bleu Lezard Lausanne
Donnerstag, 6.10.2011, Etage Biel
Mittwoch, 12.10.2011, Exil Zürich
Mittwoch, 19.10.2011, Tonhalle Foyer St. Gallen
Donnerstag, 3.11.2011, Stadtkeller Luzern
Freitag, 4.11.2011, Musigbistrot Bern
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