Phenomden - das Phänomen Dennis
Text: Monthy
Bilder:
PartyGuide.ch/Trespass
Ich weiss schon... Ausgerechnet ich dürfte mich eigentlich nicht über unübliche Namen auslassen. Die Schreibweise des Künstlernamens Phenomden hat es mir aber trotzdem angetan. Und siehe da: das Rufzeichen gewinnt einiges an Sinn dazu, wenn man weiss, dass sein Träger bürgerlich Dennis heisst. Ich schliesse aus der Namensgebung, dass es dem "Phänomen Dennis" nicht wirklich an Selbstvertrauen fehlt. Phenomden gibt das zwar zu, präzisiert aber doch: "Ich habe mir den Namen ja nicht selbst gegeben. Ein Kollege, mit dem ich früher gerappt habe, hat ihn erfunden. Irgendwann als wir uns die Mikros übergeben habe... Ich habe den Namen schon ewig und für mich ist er absolut normal. Die Leute fragen aber schon manchmal danach."
Etwas ungewöhnlich ist auch Phenomdens Musikstil. Denn trotz einiger starker Reagge-Acts ist die Schweiz nicht unbedingt ein Land, das man sofort mit Sommer und Sonne in Verbindung bringt. "Dazu gekommen bin ich eigentlich durch Veranstaltungen und Leute, die mich mit dieser Musik vertraut gemacht haben", verrät mir Phenomden und führt seinen musikalischen Werdegang noch etwas weiter aus, "Früher habe ich auch in einer Band Bass gespielt und irgendwann habe ich dann meinen ersten Song gemacht. Und das war Reagge..." Dabei ist Dennis dann auch geblieben. Hat er - beispielsweise seiner hellen Hautfarbe wegen - um entsprechende Anerkennung kämpfen müssen? - "Nein, eigentlich nicht. Aber ich hätte generell gerne, wenn in der Schweiz ein bisschen besseres Wetter wäre und im Alltag etwas mehr laufen würde. Wir haben zwar viele Veranstaltungen, Konzerte und so. Aber das meine ich nicht. Für einen Musiker ist es manchmal etwas schwierig, weil es nur wenige Locations gibt, wo man Gleichgesinnte treffen kann. In der Schweiz sind die Vibes halt nicht so gross - und genau deswegen mache ich es ja auch. Um den Leuten Reagge zu vermitteln und näher zu bringen."
Mit ein wenig Fantasie könnte Phenomden ja den oft fehlenden Sommer quasi simulieren, um sich in Stimmung zu bringen, sonnige Songs zu schreiben. Hat er aber gar nicht nötig. Phenomden: "Es ist ganz einfach die Musik, die mir gefällt. Die Reagge-Kultur hat sich auch in allen Breitengraden durchgesetzt - von Süditalien bis Finnland. Sie funktioniert wirklich überall. In dem Sinn lebe ich mit der Musik und brauche nicht in ein extra Kostüm zu steigen, um in Stimmung zu kommen. Es ist schon in mir drin..." Die Verbreitung und Durchsetzungskraft des schleppenden Beats will ich ja auch gar nicht in Abrede stellen. Noch immer heisst aber Reagge für viele Menschen einfach nur: Jamaika, Bob Marley... - dabei übersehen sie oft, dass die Musik genauso in Afrika beheimatet ist. Worauf bezieht sich eigentlich Phenomden in seinem Reagge? - "Ich würde sagen, mein Stil ist schon sehr jamaikanisch, jedenfalls die Musik. Es wird halt einfach in Dialekt, also Mundart gesungen. Die Art wie ich meine Melodien gestalte, wie ich Konzerte gebe, ist eher karibisch. Ich orientiere mich stark an Jamaika." Ich setzte voraus, dass Dennis also auch schon dort war, muss mich aber eines anderen belehren lassen... - "Nein, eben dort noch nicht. Aber es wird sicher hoffentlich bald der Fall sein."
Als Musiker ist Dennis aber auch deshalb ein Phänomen, weil er ohne feste Band auftritt. Zwar gab es schon eine ganze Tour mit den Scrucialists, aber nach aussen hin hält man an den verschiedenen Identitäten fest. Ist es für Phenomden nicht manchmal beunruhigend, nicht genau zu wissen, wie es weitergeht? Mit wem er in Zukunft auftritt? - Dennis: "Ich bin seit ein paar Jahren konstant praktisch jedes Wochenende am Konzerte Geben. Am liebsten mache ich das mit der Band zusammen, auch wenn wir jetzt fast ein Jahr lang keine gemeinsamen Auftritte hatten. Vor kurzem haben wir gerade wieder eine Tour gestartet. Das heisst auch, dass wir nach wie vor Spass haben daran. So schnell wird das, denke ich, nicht aufhören. Wir sind aber nicht sozusagen miteinander verheiratet. Sie spielen auch mit anderen Sängern, ich auch mit anderen Bands oder DJs. Im August mache ich beispielsweise etwas mit einer Band aus Wien. Wir profitieren dabei auch von neuen Ideen und beeinflussen uns gegenseitig. Wenn ich etwas bei einer Band sehe, erzähle ich ihnen davon und umgekehrt."
Dieser Individualismus begegnet mir im alltäglichen Leben ungleich öfter als in der Musik. Deshalb frage ich nach, ob Dennis schlechte Erfahrungen mit Bands hatte, die ihn vor zu viel Bindung warnen? - "Nein, kann ich nicht behaupten. Diese Arbeitsweise ist auch durchaus Reagge-spezifisch. Es gibt zwar ein paar fixe Formationen, die meisten Bands sind aber Backing Bands ohne eigenen Sänger und spielen mit verschiedenen Frontleuten. So haben wir uns auch gefunden. Und wir sahen deswegen keinen Grund, unsere Namen zu ändern oder den einen ins andere zu integrieren." Ich spüre schnell, dass der Unterschied zwischen Konkubinat und Ehe auch bei einer Band wahrscheinlich nicht derart gross sind, was Dennis gerne bestätigt. "Im Prinzip, vor allem auf der Bühne ist es praktisch dasselbe. Wenn ich eine CD mache, mag ich es aber eben auch ganz gerne, mit verschiedenen Musikern zu arbeiten. Und dort gibt es dann natürlich schon einen grossen Unterschied zu einer normalen Band."
In einem Interview mit einem Zürcher muss ich natürlich auch den eigentlichen Grund unseres Zusammentreffens thematisieren, nämlich das erstmals stattfindende Openair Zürich auf dem Gelände der ETH hoch über der Stadt. Dabei handelt es sich nicht wirklich um den ersten Versuch, ein richtiges Openair in Zürich zu etablieren. Glaubt Phenomden an eine Chance der Nachhaltigkeit und ein jährlich wiederkehrendes Event? - "Ich habe das Gefühl, es könnte sehr gut funktionieren. Es war doch immer mehr Thema in den letzten zwei, drei Wochen. Stadtzürcher sind vielleicht nicht die fanatischsten Camper, aber ich glaube doch, dass sie gerne an die Konzerte kommen werden. Die meisten freut es eigentlich, dass es wieder ein Openair in Zürich gibt. Sonst gehen sie halt oft auch auswärts."
Als Zürcher Künstler wäre es sicher besonders schön, eines der grossen Festivals in Zürich zu haben. Fragen sie doch mal eine Walliser Band nach ihrem Auftritt in Gampel... Bis allenfalls solch ein Kult auch aus dem OA Züri wird, muss rund um die ETH noch viel Zeit und Liebe investiert werden. Phenomden würde das begrüssen, sagt er doch: "Ich spiele eigentlich sehr gern in Zürich und finde es speziell, weil ich meist auch viele Leute kenne. Die Tradition und die Grösse so eines Events machen aber schon viel aus. Nur, ich hatte auch hier schon viele tolle Auftritte. Die Leute spüren vielleicht, dass man selbst aus der Region stammt..." - Nach dem Auftritt am Openair Zürich wage ich dann aber trotzdem kaum zu fragen. Freitag Nachmittag um 16 Uhr ist sicher keine Wunschzeit für ein Konzert. Phenomden gewinnt dem Ganzen aber diplomatisch auch sein Gutes ab: "Es ist doch auch schön, ein Openair zu eröffnen... Aber ich denke, es hätte auch am Abend geklappt... Ich hätte natürlich gerne später gespielt."