Piggy goes Benefiz – Viva con agua de Sankt Pauli
Text: Piggy
Bilder: Romy
Wie es sich für eine Lady gehört, besuche ich hin und wieder mal eine Wohltätigkeitsveranstaltung. Das Radiointerview mit dem Blusbueb im Kulturmarkt in Zürich bot Gelegenheit, dies mit meinen Trespass-Arbeiten zu verbinden. Im besten Sinne schuld daran ist Remo Tschan, der die Konzertreihe Viva con agua de Sankt Pauli auf die Beine stellte. Wie schon der Titel anregt, ist das Projekt aber kein eigentlich schweizerisches und Remo nicht der Initialzünder dieser wirklich guten Idee. Der Ursprung des Ganzen liegt in einem Trainingslager des FC St. Pauli auf Cuba und einem Mittelfeldspieler, der ein wenig mehr im Sinn hatte als nur dem Ball nachzujagen. In Schulen und Kindergärten hat Beni Adrion mitgekriegt, dass die Wasserversorgung auf Kuba schlecht ist. Dass will er nun ändern und hat in und um St. Pauli alle Hebel in Bewegung gesetzt, um das dafür nötige Geld aufzubringen.
"Die Idee mit den Wasserspendern zielt darauf ab, die Kinder, die kein sauberes Wasser haben, damit zu versorgen - auch um Krankheiten einzudämmen oder gar zu vermeiden", fokussieren wir wieder aufs Wesentliche. Den Aufwand dafür beziffert Remo als "die Summe von 50´000 Euro, die über verschiedenste Events in Hamburg und der Schweiz aufgebracht werden sollen. In Hamburg lief zB eine Theatervorführung oder ein Sponsorenlauf, auch Konzerte finden dort statt. Die Stadionzeitung berichtet immer wieder über den Stand der Dinge und im Stadion stehen Kässeli zum Spenden." Für die Viva con agua – Konzerte in der Schweiz hatte Remo sogar die Auswahl. - "Dank einem Inserat auf einer Internet-Plattform… Auf meinen Aufruf, dass ich Bands für einen Benefiz-Anlass suche, haben sich rund 60 Bands gemeldet, aus denen ich dann auswählen konnte. Die Moped Lads kenne ich per Zufall von früher, Blusbueb ist durch andere – auch eher glückliche – Connections zu Stande gekommen. Für Mostly Harmless, die gleich zweimal am Viva con agua auftreten, bin ich sonst im Management tätig"
Nach den Gigs im Kulturmarkt und im Wenk, Aarau von diesem Wochenende, geht´s mit Viva con agua am 2. Dezember im Sedel, Luzern weiter, danach folgt am 11. Februar ein Luftgitarrenwettberb in der Biomill, Laufen. Remo will dann Kassensturz machen und sagt schon jetzt: "Es ist nicht auszuschliessen, dass ich noch weitere Dinge plane…" Den ersten Abend der kleinen Konzertreihe mit "vier coolen Bands, die alle voll hinter dem Event stehen", konnte Remo natürlich nicht von Anfang geniessen. Zu belastend wirkte da die Kulisse, die sich erst im Laufe des Abends in befriedigender Masse einfand und dem Benefiz-Organisator zum frühen Zeitpunkt des Interviews noch etwas Sorgen machte. – "Ich bin schon noch sehr angespannt und nervös. Grösstenteils hat bisher alles geklappt, auch mit der Werbung. Der Aufmarsch macht mir im Moment noch etwas Sorgen." Die Falten auf Remos Stirn verflogen aber bis Mitternacht und die Gewissheit, einen kleinen Schritt in Richtung sauberes Wasser auf Kuba gemacht zu haben, brachten ein entspanntes Lächeln zurück auf sein Gesicht. Die Aktion soll in circa einem Jahr zum Abschluss gebracht werden, wir halten euch selbstredend auf dem Laufenden.
Weil der FC St. Pauli nun ein echter Kult-Klub ist und alle Schweizer Männer am Samstag die Bundesliga schauen, wo auch der FC bis vor ein paar Jahren Mitglied war (mittlerweile Regionalliga), gibt es auch hierzulande viele St. Pauli – Fans. Einer von ihnen ist Remo Tschan, ein anderer der Blusbueb, der als Headliner fürs Viva con agua im Kulturmarkt gewonnen werden konnte und der auch sonst bei Auftritten immer ein St. Pauli – Shirt unter der grünen Steppjacke trägt. "Zuerst war die Idee da, Beni Adrion vielleicht eine Band für ein Konzert in Hamburg zur Verfügung zu stellen. Ich mache ja sonst Booking für Bands. Dann war aber bald klar, dass wir in der Schweiz etwas machen wollen, weil es halt auch hier viele St. Pauli – Fans gibt."
Remo selbst ist schon "über zehn Jahre" Anhänger des Klubs, der schon immer ein wenig Reeperbahn-Image und Milieu-Charme versprühte. Eigentlich erstaunlich, rege ich an, dass ausgerechnet ein Klub, bei dem einige schnell die Nase rümpfen, mit einer Wohltätigkeits-Aktion aufwartet. "Ich möchte zuerst protestieren", meint Remo bestimmt, "dieser Verein tut sehr viel Gutes! Integration verschiedenster Fussball-Fans, die an diesem Spiel zusammen kommen. Die Prostituierte steht beim Match neben dem Banker, wo gibt´s so was sonst überhaupt?" Und ich lasse mich in dieser Hinsicht natürlich gerne korrigieren. Fussball war in St. Pauli schon immer die wichtigste Nebensache der Welt. Vielleicht war´s 2001 kurzzeitig anders, als sie die Bayern in der Bundesliga schlugen. Der Match wurde übrigens auf Grossleinwand im Foyer des Kulturmarktes in Endlosschlaufe gezeigt. Im Konzertlokal nebenan trieben es zuerst Fuzzy Index wild und punkig, dann der Blusbueb salopp und witzig. Danach zogen die Kult-Punkrocker Moped Lads und die Crack Speed Toys wieder andere Saiten auf…