The Peacocks: „Amerika ist ein hartes Land“
Text: Ko:L
Bilder: Debi
„Partysound“ muss nicht immer abschätzig gemeint sein. Denn die Party geht auch mächtig ab wenn die Peacocks auf der Bühne stehen. An einem Pubfestival würde wohl kein DJ den Sound der drei Herren in Schwarz auflegen – aber am Greenfield bewies der Dreier, was eine Partyband ausmacht: Frisch gestählt von sechs Wochen in den USA rockte das Trio als Opener die Hauptbühne des Greenfieldfestivals in Interlaken – und ein paar hundert rockten unten auf der Piste ganz kräftig mit. „Unser Sound ist halt was Besonderes“, meint Trommler Jürg, „vor allem mit dem Kontrabass, der dem Sound einen ganz eigenen Groove gibt.“ Kommt hinzu, dass viele, gerade Junge, das dickbauchige Ding mit dem langen Hals (den Kontrabass, und nicht den Musiker) noch kaum je auf einer Bühne gesehen haben. „Wenigstens nicht so“, sagt Jürg mit einem Augenzwinkern. Und weil die Peacocks aus einer Rockabilly-Coverband heraus entstanden sind, dann selber Rockabilly und Psychobilly gemacht haben und schliesslich zu dem geworden sind, was sie heute sind, war von Anfang an klar, dass der Kontrabass und nichts anderes für den Groove sorgen soll. Denn stilistisch sind die „Spechte“ heute kaum mehr sauber einzuordnen. Wohl liegen die Wurzeln im Rockabilly und im Psychobilly – was man auch merken dürfe – sagt Jürg. Aber in Sachen Tempo und Songaufbau hat ihr Sound ebensoviel mit poppigem Punk zu tun. Irgendwann einigen wir uns dann auf „Punkabilly“ - Punkrock mit Kontrabass.
„Je besser du spielst, desto mehr CDs verkaufst du.“ Jürgs Aussage mag im ersten Moment banal scheinen – bedeutet aber nichts weniger, als dass jene, die die Peacocks einmal gehört haben oft mehr wollen, in Form einer CD. „Wir verkaufen viele CDs – für unsere Verhältnisse“, sagt Jürg, „aber wir sind natürlich nicht in den grossen Ladenketten vertreten.“ Ob er mit seinem Sound je dorthin will, kann oder mag er nicht festlegen. „Natürlich wäre es ein Ziel, ein besseres Vertriebsnetzt zu haben. Aber handkehrum möchten wir nicht Teil der Industrie werden und nach deren Regeln spielen. Ein zweischneidiges Schwert halt.“ Die These, die Abwehrhaltung gegenüber dem Big Business habe was mit einer klassischen Teddy-Rebellen Haltung zu tun, verneint Jürg jedoch mit einem Lachen: „Wir sind keine Teds. Wir wollen einfach gute Musik spielen und hoffen, dass die Leute irgendwann realisieren, dass es gute Musik ist.“ Dass er den Musikkonsumenten mit diesem Anspruch viel zumutet, das sei er sich sehr wohl bewusst, schiebt er allerdings dann noch hinterher... Wobei Jürg „gut“ nicht über kommerziellen Erfolg definiert, sondern darüber, ob eine Band glaubwürdig und als Einheit auftritt. Und diese Sichtweise wiederum erklärt zu einem guten Teil, weshalb The Peacocks einfach zu dritt ohne Deko und ohne Schnickschnack auf die Bühne kommen, um Gas zu geben. „Wir erzählen nie viel an unseren Konzerten, die Leute kommen ja wegen der Musik. Wir wollen mit der Musik überzeugen – und mit der Show, es soll was gehen auf der Bühne.“
In der Formation als Trio sieht Jürg vor und Nachteile: „Zum einen ist es einfacher, wenn nur drei dabei sind. Gleichzeitig ist aber der Druck auf den Einzelnen viel Grösser. Wenns einer verkackt, dann hört das jeder. Wenn einer einen schlechten Tag hat, leidet das ganze Konzert drunter.“ Damit diese Kompaktheit nicht leidet, verbringen die Peacocks noch zwei Nachmittage pro Woche im Bandraum. „Nicht mehr so viel, wie auch schon“, meint Jürg. Viel zeitaufwändiger, als das Üben nennt Jürg aber noch „die Tourerei: Am Mittag bereits einlaufen, um Abend zu spielen, herumsitzen, warten, plaudern, ein- und ausladen und wieder weiterreisen.“ Das sei das wirklich Zeitintensive am Musik machen. „Wir machens wirklich gerne – aber es ist langwierig.“ Zumal Jürg sagt, die Peacocks seien „eigentlich immer“ unterwegs. Diesen Sommer zum Beispiel in ganz Europa – sei es in der Schweiz, Deutschland, Italien, Finnland, England oder Spanien im Herbst. Das nach rund 200 Konzerten, welche die Herren seit dem letzten Album vor zwei Jahren bereits gegeben haben. „Unterwegs sein macht viel Spass, aber ich komme sehr gerne immer wieder nach Hause. So zwei, drei Tagen, wenn alles ausgepackt und alle Wäsche gewaschen ist, bin ich sehr gerne, sehr bewusst daheim. Früher, als ich noch nicht in der Band war, wollte ich immer weg. Und jetzt, wo ich immer weg bin komme ich sehr gerne wieder heim.“
Gerade eben haben die drei die Aufnahmen für das neue Album abgeschlossen – in den USA. Ziel ist, das Ding Ende Jahr herauszubringen. „Die Aufnahmen sind abgeschlossen und jetzt geht’s ans Mastering“, erzählt Jürg. „Vielfältiger“, als die letzte CD soll das neue Album werden, „und wieder etwas langsamer. Mehr Psychobilly und weniger Punk. Der Rhythmus soll wieder im Vordergrund stehen“, sagt zumindest Jürg. „Die anderen beiden würden vielleicht was anderes erzählen.“
Zweieinhalb Wochen haben die Aufnahmen in Übersee gedauert, dreieinhalb Wochen waren die Peacocks unterwegs durch ganz Nordamerika – vom Midwest nach Texas, LA, Vegas, Denver, Kansas und wieder zurück in den Norden und schliesslich wieder nach Laffayette ins Studio. Es war die dritte und bisher längste Tour der Spechte zur die Staaten. Doch beim Stichwort USA bricht Jürg nicht nur in helle Begeisterungsstürme aus: „Es ist definitiv anders, in den Staaten zu spielen, als hier. Man könnte sagen, Musiker zu sein ist in Amerika härter, als in der Schweiz.“ Es gebe a) viel mehr Bands in den USA und b) kümmere sich kein Mensch um sie. „Alles muss immer möglich billig sein, keine Infrastruktur. Keiner investiert Geld, die Anlage tönt Scheisse oder defekt, der Raum ist Kacke oder Material fehlt, weils der Veranstalter versifft hat. Amerika ist ein hartes Land – wohl das schlechteste Land, in dem ich je getourt habe.“ Das Publikum hingegen sei sehr dankbar in Amerika. „Obwohl wir für unsere Ansprüche schlechte Konzerte hatten, hatten wir stets gute Feedbacks.“ Alles in allem sei Amerika aber trotzdem das „beschissenste Land der Welt zum Touren – und bin schon auf der halben Welt unterwegs gewesen.“ Ob die Peacocks je wieder dort spielen, weiss Jürg noch nicht....