Tim & Puma Mimi machen aus dem Gurten- ein Gurkenfestival
16.07.2012; Text: Monthy, Bilder:
on-pictures.ch Als ich vor Wochenfrist am Woodrock war, wurden Tim & Puma Mimi bereits als die momentan angesagte Band bezeichnet. Auf dem Gurten verbrachten die beiden dann deutlich mehr Zeit mit Interviews als sie im Endeffekt auf der Bühne standen. Da scheint also was dran zu sein mit Hype, werfe ich zu Beginn unseres Talks im VIP-Bistro in die Runde. Mimi macht erstmal das, was sie auch auf der Bühne tut - komische Geräusche... Als sie dann mit den "Hmms" durch ist, relativiert sie: "Wir sind halt einfach sehr speziell. Ich mit meinem japanischen Gesang in der Schweiz und Tim mit unkonventionellen Instrumenten wie der berühmten Gurke. Die Musik ist ziemlich tanzlastig. Deshalb müssen uns die Leute vielleicht auch nicht unbedingt verstehen, um dazu Spass zu haben." Dass Mimi speziell ist, muss für hiesige Verhältnisse eigentlich gar nicht mehr ausgeführt werden. Ich frage mich aber, ob sie dass auch in Japan wäre - einer Musik-Kultur mit mindestens sieben Siegeln für uns Europäer... - Mimi: "Ja, ich denke das wären wir. Wir sind aber in Japan nicht sooo bekannt, daher ist das mehr ein Gefühl. In Japan würde uns vor allem Tim zu etwas Speziellem machen. Für dortige Verhältnisse spielen wir keinen J-Pop." Hierzulande hingegen drückt man ihnen den Stempel auf. Mimi bezeichnet sich und Tim selbst als "einzigartige Mischung".
Das Duo strahlt dies auch aus. Ich versuche, heraus zu filtern, ob diese Faszination bei den Leuten jeweils schnell wieder weg sei oder ob ihr Sound schon nachhaltig sei und mehr und mehr Freunde finde? - Tim: "Wir sind nun seit sechs Jahren unterwegs und hatten vor drei Jahren schon einmal einen kleinen Hype. Daher wage ich zu sagen, dass wir schon eine Fanbasis haben mittlerweile. Wir machen auch immer wieder Neues und wiederholen uns nicht, selbst wenn wir keine neue CD am Start haben. In Zürich spielen wir beispielsweise ziemlich oft und die Konzerte sind eigentlich immer gut besucht." Auf der Bühne macht Mimi Dinge, die hierzulande kaum unter Singen durchgehen. Ich will ergründen, weshalb gleich beide so speziell sind wie sie eben sind. Mimi relativiert: "Es gibt im japanischen Underground viele Sängerinnen, die wesentlich verrückter sind als ich. Was den Leuten oft auffällt ist meine Grösse - 1 Meter 46. Auf der Bühne wirke ich aber etwas grösser und am grössten bin ich in unseren Skype-Shows, die wir ab und an machen. Beim Singen hatte ich lange Zeit ein wenig Komplexe..." Sie sagt das typische japanisch langgezogene "I don't knoooow", und gibt die Frage an Tim weiter. Schliesslich habe er sie ja ausgewählt.
Ich frage also Tim, ob er denn Mimi entdeckt habe und er antwortet: "Gewissermassen. Ich finde sie hat eine spezielle Stimme. Manche Leute mögen die nicht, aber ich schon. Wenn wir aufnehmen stelle ich immer wieder fest, wie unterschiedlich sie daher kommen kann. Manchmal hat sie eine kindliche Stimme, dann eine laute oder eine Flüsterstimme. Das ist für mich sehr interessant, weil ich so die Songs in verschiedenen Stimmungen konzipieren kann." Vor allem ist Mimi auf der Bühne ausdrucksstark. Dass die Stimmungen aber schwanken können, gelte auch für ihr Privatleben. "Definitiv, mit mir ist es ein ziemliches Auf und Ab", bemerkt sie mit einem wie mir scheint dankbaren Blick in Richtung Tim, der ihr wohl schon ziemliche Freiheiten lässt. Warum Tim so speziell ist, wie er eben ist, geht in der allgemein lustigen Stimmung unter.
A propos speziell und Tim... - Die einleitend angesprochene Gurke, die er weissderteufelwie in ein Instrument verwandelt hat, ist in der Szene schon ziemlich zum Kult geworden. So machte ein Medium Tim & Puma Mimi schon zur "Gurkenband", wobei ich betonen möchte, dass dies keine qualitative Einschätzung ist. Tim muss mir selbstverständlich erklären, wie es dazu gekommen ist und wie die Gurke funktioniert... - "Angefangen hat es mit einem Lichtsensor und einem Velo-Licht, mit dem ich Töne machen konnte. Dann kam ich auf die Idee, den Sensor durch einen Apfel zu ersetzen und steckte zwei Kabel rein, um zu sehen, ob der Strom fliesst. Der Grund fürs Ersetzen des Apfels durch die Gurke liegt in der Länge der Gurke. So kann ich nun lineare Töne erschaffen." Ich frage mich kurz, ob das noch unter Musik geht oder schon unter Erfinden und Tims Lachen genügt mir denn auch schon als Antwort. "Ich versuche, damit Musik zu machen", setzt er ein wenig später neu an, "Wenn du dafür Etwas erfindest, ist oft das Problem, dass es zwar Töne macht, man das 'Instrument' aber nicht wirklich spielen und keine richtige Musik damit machen kann. Wir waren einst an einer Erfindermesse für Instrumente in Amsterdam und die meisten Exponate dort machten einfach nur Töne. Unser Gurkensong ist zwar ein einfacher, aber geht doch unter Musik..."
Wenn die beiden noch öfter so verfahren, werweise ich, werden sie zum Schluss ganz normale Musik machen müssen, um die Leute noch zu schocken. Tim lässt die nächste Episode vom Stapel: "Wir haben einmal ein akustisches Konzert gespielt. Und natürlich hatten wir auch die Gurke dabei und haben sie verwendet..." - Ich stocke und erinnere Tim daran, dass er doch Kabel in die Gurke stecken müsse. Wie die dann unplugged daher kommen kann, ist mir ein Rätsel, das Tim gerne für mich auflöst: "Das ging - einfach mit Batterien..." Wir wiehren zu dritt und bevor wir das Interview beschliessen, erwähne ich noch das Gurkenfestival - ähh, Gurtenfestival... - und frage, ob dies trotz Hype das momentane Highlight für sie sei. Mimi zeigt sich beeindruckt: "Es ist wirklich riesig, hier! Ich bin ziemlich begeistert..." In Japan gebe es natürlich auch solche Festivals, etwa das Fuji-Rock. Aber natürlich ist es ein Unterschied, ob man als Besucher oder als auftretender Künstler vor Ort ist. Ich will schon noch wissen, ob die Herausforderung Japan für Tim & Puma Mimi dereinst eine sein wird. Mimi macht wieder Geräusche und meint dann: "In Japan muss man sehr viel Promoarbeit machen, um irgendwohin zu kommen. Auch die Beziehungen sind sehr wichtig. Die Frage wie weit wir dort kommen würden, ist auch für mich nicht zu beantworten..." Tim entsinnt sich eines Radiointerviews in Tokio: "Ich weiss noch, wie die japanische Band, die auch dort war, in Anzügen auftrat und wie die Künstler sich vor jeder Antwort beim Management vergewissern mussten, dass sie das auch wirklich sagen dürfen. Das war schon ein Vorgeschmack darauf, was uns dort erwarten würde..." Nun, da die Gurken ja nicht schuld waren an der letzten Epidemie müssen die beiden vielleicht noch eine Zeitlang nicht ausser Landes aktiv werden. Umso besser - mehr für uns!