Radio 200000: "Bist du Sportreporter???"
Text/Bilder: Monthy
R200K, die FCZ-Fans mit Hitparadenpotential, haben mit "Stückwerk" ein neues Album am Start. Den Talk am Openair Frauenfeld beginne ich aber mit dem Review von "Aktuelle Hits". Der wurde von Ko:L, seines Zeichens bekennender YB-Fan, geschrieben und schloss erstaunlicherweise mit einem dicken Kompliment. Die Reaktion von Radio 200000 stand bisher aus, was hiermit hinfällig wäre. Jet Domani: "Einerseits ist sowas sehr viel Wert. Andererseits ist es auch eine Auszeichnung für diesen YB-Fan und zeigt, dass er uns mit Humor und Ironie interpretiert und uns auch so einschätzt. Wir sind auf eine Weise schon Hardcore-FCZ-Fans, aber es betrifft doch nur einen kleinen Teil unseres Lebens. Wir thematisieren das öfter. Aber uns ist schlussendlich total egal, ob einer YB-Fan oder was auch immer Fan ist. Ist nicht so, dass wir mit solchen Leuten nicht reden würden..."
Musikalisch ist das Kompliment eines YB-Fans vielleicht sogar mehr Wert als das eines Baslers. Gilt doch Bern auch heute noch quasi als die Wiege der Mundart auch wenn im Hiphop die Demographie etwas verschoben wurde. Das lassen R200K so nicht gelten, bedanken sich aber aus der Ferne nochmals bei meinem Kollegen. Redl: "Wir haben's ja auch gelesen. Und dass ein Berner Musikjournalist diese Grösse hat, ehrt uns einfach sehr. Ich wüsste also nicht, ob ich mich gegenüber einem, der immer nur von YB redet, so verhalten könnte." Anderweitige Reaktionen kommen im Umfeld der fussballorientierten Band durchaus vor. Sgoing Erlöst: "Mir hat mal einer gesagt, wir wären durchaus eine gute Band, wenn wir nicht ständig Werbung für den FC Zürich machen würden. Dabei ist alles eigentlich viel einfacher. Wir erzählen einfach, was in unseren Leben so läuft. Und Fussball ist halt einfach ein Thema bei uns. Genauso wie Ferien machen oder mal eines kiffen oder... ich weiss nicht... Frauen! Alles hat seinen Platz, wir wollen über alles rappen. Das eine polarisiert einfach mehr. Schliesslich findet jeder Frauen geil - den FCZ aber nicht... Das ist unser Alltag, etwas anderes können wir auch gar nicht erzählen."
Die Kontroverse um eine Band, die sich zu etwas bekennt, hat nicht zuletzt mit dem Erfolg des Zürcher Arbeitervereins enorm zugenommen. Jet Domani: "Als wir angefangen haben, hat sich niemand darum geschert. Wir haben davon zwar auch profitiert, werden aber genauso in eine Ecke gedrängt." Als der FCZ noch Mittelmass war - R200K: "Was heisst denn Mittelmass? Grottenschlecht waren sie..." - ging die Bewegung von den Fans aus. Sie bliesen quasi zum Aufbruch und rissen die Mannschaft mit. Jet: "Die Fans haben seit Jahren einen tollen Zusammenhalt, machen riesige Choreos und sind sehr aktiv. Wir sind und waren einen Teil dieser Szene und haben diese Plattform auch für uns nützen können. Dort wirst du dann auch mal von einem angeschaut, der nichts mit Rap am Hut hat, aber sich begeistern lässt. Der Erfolg der Mannschaft kam später. Ausgelöst wurde das von uns Fans." Wie R200K korrekt bemerken, ist nun ja nicht jeder ihrer Songs ein Fangesang. Krasseranz: "Es gibt Bands in der Südkurve, die nur wegen des FCZ existieren und nur das thematisieren. Bei uns ist das nicht so. Trotzdem wird man natürlich schnell als die FCZ-Band angesehen, wenn man einen Song wie 'Zürischeiss' draussen hat."
Nun herrscht beim FCZ bekanntlich die French Connection rund um Alphonse und Hassli. Wäre es da nicht mal angebracht, französische Rhymes einzubringen? Jet Domani: "Sag mal, bist du Sportreporter?" - Monthy: "Wenn ich schon mal über Fussball reden darf..." - R200K machen mich zum "geile Siech", worauf ich mich gleich noch als GC-Fan oute und mich schäme. Zurück zur Frage, beziehungsweise Antwort. Domani: "Für uns ginge das schon, die Frage wäre allenfalls, ob man es den Fans zumuten sollte... Unsere Sprache ist schon Züritüütsch." - Sgoing Erlöst: "Die Ausländer beim FCZ verstehen ja eigentlich nichts von uns, ausser 'Im Huuuus' - das haben sie mitbekommen." Unnötig zu erwähnen, dass ihn Redl automatisch zu "Im Huuuus" unterstützt, als ob sie noch immer auf der Frauenfelder Bühne stehen würden.
Ich verfolge meine Linie konsequent weiter und komme zur Rollenverteilung im Team R200K - gibt's da einen Torwart? einen Vollstrecker? einen Spielgestalter? - R200K: "Einen Coach!" Sgoing erklärt das Ritual, das die Jungs schon beinahe 200 000 mal hinter sich gebracht haben: "Redl ist unser Coach und gibt uns vor jedem Auftritt die taktische Marschroute bekannt. Dabei stehen wir zusammen im Huddle wie eine Rugby-Mannschaft. Und der Coach erzählt, wie wir auf der Bühne vorgehen wollen. Das ist enorm wichtig für uns." Der Betroffene beschwichtigt: "Na, wenn das taktische Anweisungen sind... Eher ein Geplappper..."
Die Synergien zwischen Fussball und einer Band sind aber absolut gegeben. Man schiebt sich gegenseitig etwa den Ball zu... Jet Domani: "...und weil man das nicht gross absprechen kann,muss man es eben intuitiv handhaben. Eine weitere Parallele ist, dass die Wahrheit auf dem Platz ist. Wenn der Gegner mit einer anderen Aufstellung antritt, gibt es ein ganz anderes Spiel. Diese Flexibilität müssen auch wir mitbringen. Das geht darum gut, weil wir alle gute Freunde sind, unverkrampft miteinander umgehen können und uns auch mal einen Kick in den Arsch geben können, ohne dass etwas kaputt geht". Eine letzte Parallele wäre dann noch die: Wenn eine Fussballmannschaft ein Tor schiesst, wird gejubelt. Bei R200K passiert das entsprechend am Ende eines jeden Songs.