Sandee: Doppelter Abschied, neuer Vertrag, viertes Album
Text: Spili Spielmann
Bilder: Spili/Trespass-Archiv
Sandee hat es sich an einem Tisch im elterlichen «Löwen» bequem gemacht. Daheim in Wimmis. Neben ihr sitzt Schwester und Background-Sängerin Barbara (26). Zeit, um sich auszuruhen, hat weder die Mundartsängerin noch deren jüngere Schwester, die seit Januar 2006 das einzige Hotel im Ort führt. Die beiden Moser-Schwestern blicken bewegten Zeiten entgegen – aus mancherlei Gründen. Am 22. November beenden sie die aktuelle „Mexico“-Tour in der Mühle Hunziken – unter anderem: „Abschlusskonzerte sind immer etwas Spezielles, dieses Mal wird es aber sicher noch spezieller sein“, sagt Sandee. „ Meine Schwester wird mich letztmals als Sängerin auf der Bühne unterstützen. Auch Keyboarder Reto Freitag spielt sein letztes Sandee-Konzert, dann nimmt er sich für eine Weiterbildung eine Auszeit.“
Sandee legt ihrer Schwester sanft eine Hand auf den Bauch, ihre Blicke treffen sich, ein Lächeln folgt. Es ist unschwer zu erahnen, weshalb Barbara Moser ihre Gesangskarriere auf Eis legt. Geburtstermin ist im März. Babs erklärt: „Ich höre mit einem lachenden und einem weinenden Auge auf zu singen. Einerseits freue ich mich, da die Doppelbelastung mit der Musik und dem Job manchmal zu gross war. Es kam vor, dass ich morgens um vier Uhr von einem Auftritt heimkam, von 9 bis 12 Uhr im «Löie» hinterm Tresen stand und dann schon ans nächste Konzert fahren musste.“ Und trotzdem: „Ä chli truurig bin ich, wenn ich mir vorstelle, bald nicht mehr Teil dieser Band zu sein. Umso mehr freue ich mich, künftig für meine Familie da sein zu dürfen! Ein komisches Gefühl wird sicher sein, wenn dann jemand anderes neben der Sändlä singt.
Denn: Seit einem Jahrzehnt singen Sandra und Barbara Moser Seite an Seite. Ab 1998 taten sie es für Gölä, als dieser als aufgehender Stern der Mundartszene gefeiert wurde. Bevor Sandee im November 2003 mit ihrer Solokarriere (und ihrer Schwester) durchstartete, trennten sich auch ihre musikalischen Wege kurz. Sandra sang für Hanery Amman, Barbara tourte mit Florian Ast durchs Land. Wer Babs’ Nachfolge antritt, ist indes noch offen: „Wir suchen nun einen Keyboarder, der auch singen kann. 1:1 ist Babs nicht zu ersetzen, das ist mir bewusst. Ich kenne genau eine Person, die ihren Part auch technisch singen kann. Es ist so, dass sie meist über meiner Stimme singt. Das Problem ist, dass dieser Wunschkandidat, also ein Mann, heute noch in der Band eines Schweizer Sängers spielt.
Doch der Abschluss der „Mexico“-Tour bedeutet für Sandee noch in anderer Hinsicht ein Neuanfang: „Wir haben etwas über 40 Konzerte gespielt. Bei den ersten beiden Tourneen waren es jeweils zirka 60 Auftritte“, blickt sie zurück und stellt fest: „Es ist merklich schwieriger geworden. Um Gigs zu erhalten, muss man viel mehr kämpfen als noch vor einigen Jahren. Das ist nicht nur bei mir so, sondern auch bei allen anderen – mal von Selbstläufern wie Patent Ochsner oder Züri West abgesehen. Das Musikbusiness ist nicht mehr ein ganz so einfaches Pflaster, wie es das einmal war.“ Musik verliere zunehmend an Wert, glaubt sie. „Es gibt immer mehr Anlässe, beispielsweise Pub-Festivals, bei denen die Besucher erwarten, dass sie für ein paar Franken Eintritt unterhalten werden. Heute sollte möglichst alles gratis sein – so ists halt auch in der Musik.“
Immerhin ist Sandee eine der wenigen Künstlerinnen, die in Sachen CD-Verkäufe einigermassen zufrieden sein kann: „Ich konnte etwas mehr als 55000 Alben verkaufen. Im Vergleich mit anderen Schweizer Acts, die häufiger im Radio gespielt und besser promotet werden, ist das sicher ein guter Wert“, sagt sie – betont aber gleichzeitig auch: „Das aktuelle Album ‚Mexico’ ist nicht ganz so vermarktet worden, wie wir uns das vorgestellt haben.“ Und das wiederum hat Konsequenzen – Sandee wechselt ihre Plattenfirma. „Bisher hatten wir einen Vertriebsvertrag. Das heisst, bis die Musik fertig produziert war, war das finanziell jeweils unser Bier; pro Album 30000 bis 40000 Franken. Nun haben wir bei SonyBMG einen Künstlervertrag für eine CD und vier Optionen erhalten. Damit werden vom Label nun sämtliche Kosten getragen.“
Dass die grosse Plattenfirma plötzlich im grossen Stil dreinreden könnte – weil wer zahlt, befiehlt – befürchtet die Wimmiserin nicht: „Wir sind eine gefestigte Band und keine Newcomer, die als Produkt geformt werden. Wären sie nicht an uns interessiert gewesen, hätten sie uns kaum unter Vertrag genommen. Gegen aussen wird sich bestimmt nicht viel ändern.“ Und damit die Leute Sandee nicht gleich wieder vergessen, geht’s mit Hochdruck in Richtung neues Album. „Ab Februar gehts ins Studio, die Veröffentlichung ist Mitte August geplant“, sagt Sandee – verrät: „Es wird Überraschungen geben – eine haben wir bereits. Und ich möchte, dass auf dem neuen Album die Stimme noch mehr Platz erhält.“