Sandee genoss das Heimspiel

Text: DasSchaf
Bilder: Ephraim Bieri
Sandee auf der Bühne, das ist eine geballte Landung Power, intravenös – so schien es jedenfalls den Thunerinnen und Thunern sowie all den vielen auswärtigen Gästen zu gehen, die sich am Samstagabend des Thunfest auf dem Rathausplatz versammelt hatten. Der Platz war mit Festgarnituren zur Openair-Beiz umfunktioniert, und sass man zuvor noch gemütlich auf der Festbank und trank ein Bierchen – als die Berner Rocklady loslegte, tanzten bald etliche Besucherinnen und Besucher auf den Bänken. Die herzliche Begrüssung und die Beigeisterung des Publikums dankte Sandee mit grosser Spielfreude. „Das ist genial, hier spielen zu dürfen! Schon allein deswegen, dass wir früher schon immer fürs Fest hierhin gekommen sind. Damals sahen wir die Bühne, das Publikum, erlebten die Stimmung – da dachte man: ‚Wow, das ist die Welt! Wenn ich nur jemals am Thunfest auftreten darf…‘ Und jetzt stehen wir hier auf diesen Brettern und die Menschen sind so super drauf, das ist schlicht und einfach unvergleichlich!“, strahlt Sandee.
Sandee live
Dass die Sängerin aus Wimmis auf der Bühne zu Hause ist und ihr Quasi-Heimspiel sichtlich genoss, konnte man ihr ansehen. Sie hatte Spass, das Publikum hatte Spass, und man sang lautstark mit – ob man den Text nun kannte oder nicht… Und stimmt Sandee Hits wie zum Beispiel „Verchoufti mi Seel“ oder „Irgendwenn, irgendwo“ an, so gibt es für die Fans kein Halten mehr. Ob es gerade auch ihre Texte sind, welche die Menschen berühren? „Mundart zu singen, das hat positive und negative Seiten. Ich meine ich singe hier eine Ballade, der ganze Platz ist mucksmäuschenstill, man versteht jedes Wort – da krieg ich Gänsehaut. Mir gefällt der Gedanke, dass die Musik verstanden wird, und bei Mundartsongs haben die Leute gar keine andere Wahl, als zuzuhören, weil sie es eben verstehen. Es wird zugehört, hingehört, und das finde ich schön. Hingegen muss ich natürlich meine Worte auch mit viel Bedacht wählen; man kann in Mundart nicht über alles singen, wie man es im Englischen kann, weil es einfach blöd tönt. Und würde man all den Müll, der zum Teil auf englisch gesungen wird, übersetzen, wer weiss, vielleicht fänden es die Fans dann auch nicht mehr so toll… dass man meine Musik aber versteht, die Texte versteht, sehe ich als ein grosses Privileg. Und das funktioniert nur mit Mundart wirklich.“, erklärt Sandee.
Sandee live
Momentan ist Sandee mit ihrem Album „Mexico“ unterwegs. Als sie den Titelsong des Albums anspielt, einen Song voller Erinnerungen und mit viel Gefühl, taucht wahrscheinlich jeder kurz in seine eigenen Urlaubserinnerungen ein. Ein wenig Fernweh, der süsse Duft der Sehnsucht liegt in der Luft. Das Album ist von den eineinhalb Jahren, welche die Sängerin auf Reisen verbracht hat, inspiriert. Allgemein holt sie sich die Ideen und Inputs für ihre Musik aus dem Alltag: „Das kann etwas sein, das ich im Radio höre, oder sonst Musik, die mir gerade gefällt, die mich rein musikalisch inspiriert. Und für die Texte sauge ich die Geschichten um mich herum ein – ob persönliche, aus dem Freundeskreis oder gar aus einem Film, den ich gerade gesehen habe. Es muss mich einfach berühren.“
Sandee live
Mit ihrer gewaltigen Stimme mag die Wimmiser Rockröhre auch in Thun überzeugen. Was Sandee live bietet, ist einfach erstklassig. Man merkt, dass sie an ihrem Instrument permanent arbeitet und feilt. „Ich übe mich auch immer noch im klassischen Gesang. Wartet nur, irgendwann mal singe ich Opern!“, zwinkert sie und fügt gleich hinzu, „Bis jetzt hatte ich die Zeit noch nicht, oder habe sie mir nicht genommen, mich im Klassischen weiterzubilden. Album folgt auf Album, wir sind immer an der Arbeit. Aber es würde mich schon sehr reizen, auch mit klassischem Gesang Karriere zu machen.“ Und eine grosse Stimme zählt hier auch zu ihren Vorbildern: Celine Dion. „Ich habe einige ihrer DVDs zu Hause – und ich heule regelmässig. Die Frau ist einfach toll!“, schwärmt Sandee.
Sandee live
Richtig lanciert wurde Sandees Karriere durch die Arbeit mit Mundartrocker Gölä. Der arbeitet ja momentan an seinem Comeback – und besuchte Sandee am Openair Hoch-Ybrig auf der Bühne. „Das war so eindrücklich, dieser Moment. Es war schon schön, dass er bei uns und mit uns auf der Bühne stand, und dann sangen wir gemeinsam den Song ‚Scho lang verbi‘ mit der Textzeile ‚und hüt gsehni di überall woni bi, nur bi mir gseh di nüm‘ – das hat so perfekt gepasst. Wir sangen uns gegeseitig dieses Lied ins Gesicht, und hätten uns kugeln können vor Lachen… wie die Faust aufs Auge. Ja, da stand praktisch die gesamte ehemalige Gölä-Band zusammen auf der Bühne…“, erzählt sie, und nimmt mir gleich schmunzelnd die Frage aus dem Mund, „… aber da ist nichts mit Reunion, nur dass wir diese Frage auch gleich geklärt hätten!“
Sandee live
Dass die Bühne ihr Element ist, merkt man der quirligen Sängerin an. Ohne Bühne könne sie auch gar nicht leben, erklärt sie. „Wenn ich zu lange nicht auf diesen Brettern stehe, geht’s mir nicht gut, fühle ich mich nicht komplett. Lustigerweise merke ich das meist erst, wenn ich wieder auf der Bühne stehe, wie sehr ich es doch vermisst habe“, so Sandee, „es ist schlicht mein Lebenselixier.“ Und im Vordergrund steht für sie dabei nicht nur der Zuspruch der Fans. „Natürlich ist das schön! Aber es geht um mehr, es geht um die Erfüllung eines Traums.“, präzisiert sie. Seit sie denken kann, hat Sandee Musik gemacht, und schon immer hat sie von der Karriere auf diesen Brettern, die die Welt bedeuten, geträumt. Diesen Traum leben zu können, das sei das grösste Geschenk überhaupt.
Sandee live
Als ich nach dem Konzert über den Platz gehe, sind die Tische und Bänke wie leergefegt. Noch immer liegt ein Hauch der heiteren Sommernachtstimmung in der Luft, welche die Sängerin mit ihrem mitreissenden Konzert gezaubert hat. Sandee posiert hinter der Bühne für Fanfotos, gibt Autogramme und kümmert sich fröhlich um alle, die ihr am Arm zupfen und mit ihr noch ein paar Worte wechseln möchten. Ein toller Abend, und um es mit den Worten einer Thunerin abzurunden: „Es war genial, schlicht und einfach genial. Thunfest eben!“ Me gseht sech…
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