Sektion Kuchikäschtli – Affatanz (Nationmusic)
Text: Bäumli
Bild: Cover
Nun ist es also endlich soweit, Sektion Kuchikäschtli veröffentlicht ihre dritte und vorerst letzte LP „Affatanz“, die – dank wunderschön souliger Beats und Raps, die sich, nicht wie bei anderen einheimischen Acts um inexistente Schweizer Ghettos und Bitches drehen, sondern um eben solche Illusionen der Jugend – auf der ganzen Linie zu überzeugen vermag. Oder um „Affatanz“ mit den Worten von DJ Stimpee Kutz zu charakterisieren: „Der ‚Affatanz’ wird ein Album mit souligen Beats und viel Wortwitz. Politisch und gefühlsmässig tiefgründig, wie man das von uns gewohnt ist.“ Rennie meint dazu im Intro von „Affatanz: „[…] schliässlich will ich s’Fäld nöd ruumä für diä Heads wo nur hatend / gib min Platz nöd frei für all dä billig Trash vo dä Majors / ich mach dä Affatanz mit und vilicht ghöri do ana / denn jo än grössrä Teil vo eu döt ussä schwört uf min Nama […]“. Los geht es mit dem Track „Wichtig“, einer Ode an die Liebe: „[…] bis jetzt hät mä sich bi Schtriit doch immer widär schnäll vertreit, falls hüt nur no Schwiigä üs verbindät denn tätis mir vo Härzä leid, und wenns dir suscht au niä rächt säg umschriibi dirs jetzt, ich wüsst nid was mit mir passiärti fall ich dich nümä het […]“. Der dritte Track von „Affatanz“ ist dann die Vorab-Single „Meh verdiant“. Thematisch bewegt sich Rennie hier in ähnlichen Gefilden wie schon im Track „Wichtig“ und auch der Beat beweist, dass Hip Hop – entgegen den gängigen Klischees von harten Jungs mit Pitbull an der Leine und Bitch im Arm – auch smooth sein darf. Am Mic erhält Rennie sehr prominente Unterstützung, wird doch der Refrain von „Meh verdiant“ vom Roots-Gitarristen Martin Luther bestritten. Auf „Gnuag“ rappt sich Rennie seinen Frust von der Seele: „[…] was sölli anders sägä dass ich’s cool find was lauft, hey söll ich Patä schtoh wenn mä üs alli Konsumkinder tauft, ir Schlangä wartä wenn mä üs Muul- und Augabindä verchauft [...]“. Auf „Bad Situation“ machen sich Rennie, Smoovefella und Ras Charmer ihre Gedanken zur Lage der Welt und der Track „Mini Meinig“ hat die Jugend und ihre zum Teil doch sehr verschrobenen Ansichten zum Thema: „Street-Flavour langt hald nid will für Reschpäkt was leischtä muäsch, und Schtrossä nimmt dir niämärt ab all wüssäd dir gohts eifach z’guat“. Im Song „Trichter“ werden wird auf das konsumorientierte Leben in unserer schönen Schweiz bezogene Selbstkritik geübt. Mag sein, dass Rennie uns hier seine Intention, weshalb er für die nächsten vierzehn Monate der Schweiz den Rücken zukehrt, mitteilt: „Bloss usä do, bloss wäg, säg mir ghöri do ana? […] han ich än eignä Willä oder nur än Trichter im Chopf?“. Der vorletzte Track „Passendi Wort“ ist dann Storytelling vom feinsten. Zusammen mit Blumentopf-Rapper Holunder erzählt Rennie die fiktive Geschichte eines tragischen Unfalls: „Beinahe wär’s mir passiert die Chance war fifty-fifty, und trotzdem denkt man immer selber einem erwischt’s nie […] Scheisse er wär fast dran gestorben, sein Pech mein Glück, mir fehlen die passenden Worte.“ Untermalt werden diese melancholischen Zeilen nur von einer akustischen Gitarre. Mit „Affatanz“ ist es Sektion Kuchikäschtli gelungen zu beweisen, das Rapper auch was zu sagen haben können, wenn sie nur wollten, und dass die Beats von souligen Arrangements, einer guten Prise Jazz und einer Portion Funk leben können. Ja, Rennie, Claud und Stimpee Kutz sind sich treu geblieben und knüpfen dort an, wo sie vor drei Jahren aufgehört haben, ohne bloss wieder zu käuen, was sie uns bisher hören liessen.