Shabani: Wie ein Sommergewitter
Text: Ko:L
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ha-di-gseh.ch Sie sind erfischend, sie sind heftig – und sie sind kurz: Die Sommergewitter, die bald wieder den Staub heisser Arbeitstage von uns waschen werden. Nun – Staub haben Shabani und seine Burnin Birds am Konzert im Thuner Mokka keinen abgewaschen. Höchstens aufgewirbelt. Denn die Sieben auf der Bühne sind, angeführt von Sänger Shabani, wie die Wilden durch die Mokka-Stube gefegt; allerdings nur knapp 75 Minuten lang. Von stilechtem Roots-Sound bis hin zu modernem Power-Reggae à la Seeed hatten die Basler die ganze Bandbreite jamaikanisch-sommerlich warmer Grooves für das Publikum bereit. Ein Publikum, das Shabanis Vorbild wacker zu folgen versuchte und tanzte was die zum Teil rauch- und alkohol-geschwächten Lungen hergaben...
„Reggae ist Musik, die aus Not entsteht“, sagt Shabani und erklärt damit, weshalb mit ihm selber, den Scrucialists oder Famara die sonnigste Musik der Schweiz aus einer grauen Stadt voll mit Chemie und Industrie kommt. „Das ist der Grund, weshalb ich, weshalb wir Reggae machen. Wir versuchen nicht Musik aus Jamaika zu importieren“, erklärt der Mann mit den Rastas und der stilecht rot-gelb-grünen Wollmütze. „Die Menschen in Jamaika haben ihre Nöte und wir haben unsere Nöte – andere Nöte, weil wir weniger um unser Essen kämpfen müssen oder weil die Politik anders funktioniert. Aber wir haben diese Nöte und daraus entsteht unser Reggae“. Verbildung sei zum Beispiel eine dieser Nöte, glaubt Shabani. „Wir haben unendlich viele Möglichkeiten, dürfen am Ende aber doch nichts. Daraus entsteht ein riesiger Knoten, eine Orientierungslosigkeit“, umschreibt er ein Problem mit er und viele in seinem Bekanntenkreis, wie er sagt, kämpfen.
Trotzdem: „Ich war nie der Preacher, der Moralapostel auf der Bühne, und ich versuche mich noch mehr von derartigen Ansätzen zu lösen. Für mich ist derartiges Auftreten eine Anmassung.“ Vielmehr möchte Shabani der Präsentator sein, jener, der aufzeigt und das Publikum die vermittelten Eindrücke in seiner eigenen Fantasie verwerten lässt. Deshalb achtet Shabani, so erzählt er, sehr darauf, dass zumindest die Refrains in seinen Songs in „verständlichem“ Englisch gesungen sind. Ansonsten hält sich der Schweizer mit jamaikanischen Wurzeln stilecht an Patua – jenen englischen Dialekt, der hier kein Mensch versteht. „Ich habe zudem jetzt angefangen, deutsche Texte zu schreiben und es wird von mir künftig auch heutsche Songs geben“, lässt Shabani durchblicken. Mit deutschen Texten hat er sich bereits früher herumgeschlagen – als er noch fester Bestandteil der Basler Underground Hip-Hop-Szene war. Mittlerweile hat Shabani allerdings gemerkt, dass für ihn Mundart keine Sprache ist, „die ich künstlerisch verwenden kann“. Deshalb Hoch- und nicht Baseldeutsch.
Trotz Hip Hop und schon früher deutschen Texten war für Shabani klar, dass das aktuelle Album „A tree in a city“ in Patua-Englisch abgefasst wird. „Patua ist Teil meiner Identität und mir deshalb persönlich sehr wichtig.“ Shabani macht damit deutlich, dass er mehr ist, als nur ein „Promo-Jamaikaner“, weil sich das gut verkaufen lässt. Sein Vater kommt aus Jamaika und der junge Shabani ist „viel mit Jamaikanern herumgehangen“, und hat so die Sprache der Karibikinsel mitgekriegt. „Das Ziel ist aber“, sagt Shabani, „dass die Musik die Sprache ist. Wir Schweizer sind so, dass wir uns überall anpassen – wir versuchen immer in der Sprache zu antworten, in der wir angesprochen werden. Ich glaube, das ist ein positiver Aspekt, der unterstreicht, dass die Musik die eigentliche Sprache ist.“ Dass sich Shabani schliesslich für Reggae und nicht für Hip Hop als musikalische Sprache entschieden hat, hat mit der Entwicklung der Hip-Hop-Szene zum einen zu tun und damit dass er von sich sagt: „Ich bin Reggae!“ Sein ureigenes Interesse sei es, all die Einflüsse, die auch die verschiedenen Bandmitglieder mitbringen, wie Jazz, Funk, Bossa oder Drum´n´Bass zusammen mit Reggae zu verbinden. Ein Anspruch, den er offenisichtlich erfüllen kann, wie er mit seinen brennenden Vögeln im Mokka bewiesen hat.