Slag in Cullet - "zerbrachen" nicht am Namenswechsel
22.07.2013; Text: Monthy, Bilder: Mathias Keller
Ihr Name überfordert Google's Übersetzungsprogramme heillos - "Schlacke in Cullet" kommt raus, wenn man sich den Bandnamen der rockigen Basler von Englisch nach Deutsch übersetzen lassen will. Nun ist mein Englisch von Haus aus nicht gerade das Schlechteste, aber auch ich komme nicht viel weiter, weshalb ich die in der Gurten Media-Lounge versammelte Crew von Slag in Cullet höchstpersönlich bemühe. "Es heisst eigentlich so etwas wie 'zerbrochenes Glas', einfach etwas komisch geschrieben", erklärt Drummer David und schiebt nach, was eigentlich dahinter steckt, "Ursprünglich hiessen wir eben auch 'Glass', aber dann meldete sich eine amerikanische Band gleichen Namens, ihre Fans hätten Tickets für unsere Shows gekauft und drohten uns Klagen an. Weil wir zu diesem Zeitpunkt noch kein Album draussen hatten, entschieden wir uns, den Problemen von vornherein aus dem Weg zu gehen und uns einen neuen Namen zu suchen." Geschadet hat diese schon fast exemplarische Geschichte dem jungen Trio jedenfalls nicht, dafür erlaubt es mir ein Wortspiel im Interview-Titel...
Slag in Cullet haben bisher 2 Alben releast - und rund 150 Shows gespielt. Ich frage nach, ob dieses Verhältnis nicht etwas Konzert-lastig sei und sie demnach vor allem eine Live-Band? - "Wir spielen halt gerne live...", lautet die lapidare Erklärung der Band. Irgendwie macht das Verhältnis aber auch Sinn. Während man für eine CD Geld aufwerfen muss, kriegt man für Gigs - im besten Fall - etwas. Dabei heisst es doch, um an Konzerte zu kommen, sollte man eine CD haben... - Slag in Cullet sehen sich tatsächlich mehr als Live-Band und drehen damit den Spiess um. Man kann ja das Geld für die CD auch mit Konzerten verdienen. "Ich glaube, für eine Band wie uns ist es prinzipiell wichtig, live zu spielen. Schon vom Sound her. Und die Leute wollen das auch! Schliesslich ist es eben doch ein Unterschied zur CD, die man in den Player schmeisst. Ausserdem wurden wir in einer Zeit gross, als es nicht sooo wichtig war, eine CD zu haben.", fasst David das Thema zusammen.
2012 hat die ausgewiesene Rockband den Basler Pop Preis gewonnen. Da frage ich mich schon, ob die Genre-Grenzen langsam verwischen? - Rafaela: "Ich glaube, der heisst einfach so. Nominiert werden können aber auch Bands, die nicht wirklich Pop spielen. Navel hatten ihn auch schon gewonnen." Konkurrenten aus dem eigentlichen Bereich hatten sie zwar, die Lumbego Surfers, ansonsten fehle aber in Basel ein bisschen der Nachwuchs, verraten mir die selbst noch jungen Musiker. David: "Es tönt ein bisschen blöd, wenn ich sage: Als wir angefangen haben. Wir sind ja selbst noch nicht so alt. Trotzdem hat es sich im Gefühl schon ziemlich verändert. Es hat nicht dermassen viele junge Bands, die gut sind." Nach dem Gewinn seien die finanziellen Sorgen hinsichtlich dem neuen Album Schnee von gestern gewesen, liess die Band damals über ihre Kanäle verlauten. Wie bedrückend ist denn die Finanzierung einer CD generell? "Das kommt natürlich darauf an, was man denn alles machen und drauf haben will", relativiert Bassistin Rafaela, "Es kommen ja viele Ausgaben dazu, die nicht mit der konkreten Produktion zu tun haben. Etwa Promo-Kosten. Wenn man das grösser oder professioneller machen will, dann braucht es schon ein Budget, das viele Bands nicht haben oder nur sehr schwer aufbringen können." Versuchen Slag in Cullet also, erstmal das Geld aufzutreiben oder stürzen sie sich rein und versuchen während des Prozesses das nötige Geld aufzutreiben? - David: "Es passiert eher fliessend. Wenn wir ein bisschen Geld haben, investieren wir es dort, wo es am sinnvollsten eingesetzt scheint. Das muss man schon gut kalkulieren und abschätzen..."
Wenn man sich etwas mit der Bandgeschichte auseinander setzt, könnte man hingegen glauben, finanzielle Sorgen müssten die anderen haben. Dass eine junge Schweizer Band sich gleich mit dem Debutalbum ein englisches Label an Land zieht, ist ja auch nicht alltäglich - was aber hat sich daraus ergeben? - Sänger und Gitarrist Andy: "Das Label ist mittlerweile Konkurs. Und die CD haben wir damals trotzdem selber bezahlt. Sie haben uns ein Video ermöglicht und die Pressearbeit gemacht." Ich ziehe Parallelen zum Fussball, wo die Majors ja mittlerweile auf Vorrat junge Talente kaufen, von denen es im besten Fall vielleicht 10 % dann auch mal schaffen. David: "Ich weiss nicht - ist wohl schwer vergleichbar. Als Schweizer Band sollten wir uns aber nicht beklagen. Wir haben wesentlich bessere Möglichkeiten als es vieler Orts der Fall ist. Es gibt unter dem Strich weniger Konkurrenz und mehr finanzielle Fördermittel. In Basel tut etwa der Rockförderverein sehr viel für die regionalen Bands und wählt auch sehr professionell aus." Auch im Fussball rät man jungen Talenten ja, erst einmal hier erfolgreich zu sein, bevor man sich ins Ausland wagt - dies gilt genauso für Bands.
Mit dem Hype, der bei so einem Start jedenfalls spürbar ist, mussten Slag in Cullet umgehen lernen. Andy: "Wir merkten schnell, dass man dann eben doch selber ran muss. Dass sich durch das Label alleine vieles nicht verändert. Schön war, dass wir dadurch jemanden an unserer Seite hatten, aber ich habe das Gefühl, uns wurde schnell bewusst, dass wir eher noch mehr machen müssen - auch mit Label..." Diese Einsicht ist essentiell, denn "sonst wäre gar nichts passiert", sind sich Slag in Cullet ziemlich sicher. Aufgegeben haben sie das Ausland aber - auch wenn sich das englische Label in Luft aufgelöst hat - noch nicht. So liest man beispielsweise auf der Band-Homepage von Berlin und einem dort aufgenommenen Song. David: "Wir haben schon 2 Touren in Deutschland gespielt und versuchen immer wieder, dort aufzutreten." Man merke eben schon einen Unterschied. Dass das Publikum in Deutschland offener sei und in der Schweiz schwierig zu animieren. Andy: "Ich habe das Gefühl, die Deutschen wählen sich ihre Konzerte bewusster aus." Ausserdem gebe es halt einfach auch mehr, die sich für ihre Art von Sound interessieren würden. Ihre Art von Sound - kurz und prägnant umschrieben - heisst: ungestüm, ungeschliffen, kraftvoll... - fehlt etwas? David: "...das ist immer so schwierig zu sagen, wenn es um das eigene Produkt geht..." Mein Vorschlag "Viu Dräck?" findet schliesslich auch noch Aufnahme in die Attributsammlung und so entlasse ich die Basler und wünsche ihnen für ihren Auftritt auf der Waldbühne alles Gute. Und es kann ja auch gar nichts schief gehen, denn: Scherben bringen Glück - bei Slag in Cullet ganz besonders...