Steff la Cheffe – Bittersüessi Pille (Nation Music)

Text: Debi
Bild: Cover
CD-Cover: Steff la Cheffe - Bittersüessi Pille
Schlagzeilen hat sie schon gemacht, da war ihre Musik noch ungehört: Steff la Cheffe wurde bekannt als das Mädel, das Dieter „Ich mach einen Star aus Dir“ Bohlen einen Korb gab. Kann die sich das leisten, haben wir uns gefragt. Sie kann. Und das liegt nicht nur am musikalischen Leistungsausweis der 23-jährigen aus dem Berner Breitenquartier. Stefanie Peter ist nämlich nicht mehr nur das Mädchen von nebenan, s’Meitschi vom Breitsch. Als Vizeweltmeisterin im Beatboxen hat sie das Rüstzeug, um als Musikerin Ernst genommen zu werden. Das unterstreicht ihr Erstling „Bittersüessi Pille“. Vorschusslorbeeren und Beachtung haben der 23-Jährigen die Namen in ihrem Umfeld eingetragen: Mit Meisterharfenist Andreas Vollenweider (kurze Kostprobe in „Wo bisch?“) war sie auf Tour; Dodo, James Gruntz, EKR und Brady (Chamber Soul) unterstützen sie auf dem pressfrischen Silberling. Nicht, dass sie das nötig hätte. Die Chefin nämlich, die hat das im Griff. So sehr, dass Vergleiche scheitern. Wann hat man je eine Frau Deutsch rappen gehört, die Worte spuckte so präzise wie Gewehrsalven? Da war Sabrina Setlur, die zu besten Zeiten zwar messerscharf daherkam, aber brachiale Gewalt an den Tag legte, die Steff la Cheffe abgeht. Und Dialekt in dieser Präzision, mit kesser Lippe, fadegrad wohl, aber mit dem Florett statt dem Zweihänder? Eben. Dabei nimmt sie tüchtig Klischees auf die Schippe, etwa die männliche Übermacht im Sprechgesang und die geltenden machoiden Normen, denen sie mit reichlich Ironie begegnet. „I bruche es Schnäbi“, singt sie in „Hr. Dokter“ - „zum räppe u so wärs drum würklech no gäbig.“ Davon rät ihr der Arzt ab, der ihr stattdessen eine bittersüsse Pille verschreibt, die sie zu dem macht, was sie ist: Steff la Cheffe. In „Annabelle“ nimmt sie das übersteigerte weibliche Konsumationsverhalten aufs Korn. Selbstkritisch und ironisch rappt sie: „I hane Freundin, hane Drama, näb dr Joy u dr Shape u dr Gala. Frag Brigitte oder Petra, die wüsse witer bi jedem Thema.“ Platz findet auf „Bittersüessi Pille“ aber auch das Herz, dessen Schmerz sie in „Besser weni gah“ oder „Wo bisch?“ besingt. Hier offenbart sich zwischen Bläsersätzen und Melancholie eine kleine Schwäche der Chefin: ihre Singstimme. Dennoch passt zu Steff la Cheffe weder bitter noch süss. Weder kokettiert sie mit lasziver Weiblickeit noch rotzt sie uns die Ohren voll. Vielmehr steigt da eine junge Frau in den Ring („No Competition“), von der wir mehr wollen. Auch auf de Gefahr hin, ein Veilchen aus dieser Begegnung davonzutragen. Am 22. Mai tauft sie “Bittersüessi Pille” im Dachstock der Reitschule in Bern.
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