Stephan Urwyler in Mission of Tradition

Text/Bilder: Monthy
In Mission of Tradition live im Musig Bistro - Totale
"Swing füllt ja nicht jeden Monat das Hallenstadion hierzulande… jetzt hat sich aber doch etwas ergeben auf dieser Basis", eröffne ich den Talk mit Stephan Urwyler, der sich mir letzten September via CD als Mundartkünstler vorgestellt hatte, in leicht ketzerischer Weise. "Ja und es ist eigentlich meine Basis", entgegnet mir Urwyler bestimmt, "Ich warte seit zwanzig Jahren darauf, dass die anderen merken, dass Swing gut ist. Nein, im Ernst – man hat mir schon vor zehn Jahren gesagt, es komme langsam. Swing gibt es ja schon seit fünfzig Jahren und es hat ein Publikum dafür."
Urwyler: 'Musik von Herzen'
Als ich die Einladung ans Konzert von Mission of Tradition erhielt, war ich schon ein wenig erstaunt, dass Urwyler im Herbst eine Mundart-CD auf den Markt brachte, nun aber mit Swing durch die Konzertlokale tingelt. Der vielseitige Musiker dreht den Spiess um, als ich frage, wie das komme. "Und wenn ich dir jetzt sage, dass ich schon zwei Symphonien geschrieben habe? – Es ist effektiv so, dass viele Dinge in meiner Brust wohnen. Und alles macht und alles ist gleich wichtig. Ich kann mir schon vorstellen, dass es für die Leute etwas mastig und schwer zu fassen ist. Ich habe mir aber vorgenommen, mich davon nicht beirren zu lassen. Ich mache, was mir Spass bereitet und fahre meine verschiedenen Schienen. In Mission of Tradition ist meine Mission in aller Tradition."
An den Kübeln David Elias
Für Urwyler ist es prinzipiell egal, unter welchem Namen er nun gerade auftritt. – "Auf der Bühne macht es keinen Unterschied. Ich kann auch verraten, dass beide Male ziemlich die gleichen Musiker auf der Bühne stehen. Es sind halt sehr gute Musiker mit einem breiten Spektrum, die diese Vielseitigkeit genau so schätzen wie ich. Wir leben einfach in einer Zeit, in der jedes Ding seine eigene Schublade braucht. Und da bin ich halt nicht so ganz zeitgemäss – oder eben doch schon wieder…" Genau. Denn Stephan nennt die ungleichen Dinge ja bei verschiedenen Namen. Ob das nicht auch einschränkend wirken kann? – "Ich habe mir da keinen Businessplan zurecht gelegt, welche Projekte ich jetzt wie gewichte. Für mich zählt, dass die Musik, die ich mache, von Herzen kommt. Man hat ja auch nicht jeden Tag die gleiche Lust. Gölä will auch keine Mundart mehr machen. Es ist jedem freigestellt. Auf jeden Fall macht es einen gewaltigen Unterschied, ob du englisch singst oder Mundart, wo jeder alles versteht."
Ein Mann oder eine ganze Bläser-Section
Bei Mission of Tradition ist dies allerdings nicht der Fall. Hier sind eher Covers Trumpf. Songs vom "Big Satchmo" und besonders vom Glarner Neil Hefti ("Count Basy"), aber auch James Bond oder Pink Panter. "Ja, es hat mehr Covers", gibt der als "overdressed" bekannte Musiker mit Stil zu, "aber auch ein paar gut getarnte eigene Songs. Man muss die Schiene treffen, wenn man so etwas macht. Wie eigentlich bei jedem anderen Musikstil auch…" Egal wie sich die Band gerade nennt – insgesamt haben die Mission-of-Tradition-Musiker schon über 90 CDs eingespielt. Da muss doch ein Trick dabei sein…? – "Nein, da ist kein Trick dabei! Ich bin gerade daran, diesen Text zu überarbeiten und ich glaube, wir haben sogar untertrieben! Ich allein habe zwanzig CDs eingespielt und bin damit der Unerfahrenste der Band…" Natürlich verteilt sich diese Unmenge aber auf verschieden Namen. "Es ist durchaus nicht so, dass wir alles selber heraus gegeben haben. Rolf Häsler hat beispielsweise eine Platte unter seinem eigenen Namen draussen, ist aber als Musiker auf Soundtracks vertreten, spielt in Rockbands und, und, und… Vielleicht hast du ja einige dieser CDs zuhause, ohne es zu wissen."
Auf Mission - aber nicht in der Kirche
Nun, eine ganz sicher! Nämlich die Urwyler-Scherbe vom letzten Herbst. Erstaunlich darauf ist auch, dass ein Zürcher, der zwanzig Jahre lang in Bern lebt, noch immer in Zürideutsch parliert. Wie reagiert Bern darauf? - Stephan Urwyler: "Verschieden. Bern ist nicht gleich Bern. Es gibt das Seeland, Thun, das Oberland und alle sind verschieden. Es gibt Musiker, die mir sagen: 'In Schwarzenburg musst du gar nicht antreten – dort geht eh nichts.' Und man muss es den Leuten halt erklären. Ich habe mit 'S isch mir alles eis Ding' ein Stück im Repertoire – man muss den Bernern erklären, dass das ein Aargauer Lied ist. 'Stets i Truure' ist ein Appenzeller! Berndeutsch hat sich halt eben durchgesetzt. Die Leute schätzen es und sind dann auch nicht mehr so einfach bereit, ihre Gewohnheiten zu ändern."
Bitte blasen - geht auch ohne Alkohol schwer
Man merke: Nicht alles gute kommt von Bern, nicht einmal in der Mundart. Urwyler führt diese einnehmende Haltung der Berner auf einen gewissen Stolz zurück. – "Die Berner sind stolz darauf, das erfolgreichste Idiom zu sprechen. Ich will jetzt nicht sagen, dass es am Besten passt, denn jede Sprache hat ihren eigenen Reiz. Bei meiner ersten Mundart-Platte habe ich gut gemerkt, dass es nicht ganz einfach ist. Man kann nicht von Zürideutsch nach Berndeutsch und zurück, wie man will. Fürs Projekt 'Reberrock' musste ich den Text von 'D Narre si frei' richtiggehend übersetzen. Dort heisst es: 'D Narre si frei, si mache was si wei' – In Züridütsch endet es aber natürlich auf: '…was si wänd'. Zum Glück gibt es sich danach wie von selbst: 'wüu si ds Härz nid i de Hose hei', Züridütsch 'händ' – Der Reim ist also trotzdem gegeben."
Die Walking Bass - gar nicht zum Davonlaufen
Ich bin gewissermassen in der umgekehrten Situation, also ein Berner, der in Zürich lebt. Dass ich meine Sprache behalten habe, führe ich gemeinhin darauf zurück, dass ich meine Wurzeln nie aufgegeben habe. Sieht Urwyler das auch so? – "Bei mir ist es eine längere Geschichte. Ich kam als Zürcher hierher und habe viele Wörter wi 'Fuer' oder 'äuä' nicht verstanden. Nachdem ich mich daran gewöhnt hatte, fing es auch an, Spass zu machen und hat sich in meinen Wortschatz eingeschlichen. Ich lebe mit einer Baslerin zusammen und wir haben in Bern einen kompromissfähigen Wohnort in der Mitte gefunden. Sie kann gut Berndeutsch – ich nicht einmal, wenn ich mich bemühe. Dafür bin ich jetzt eigentlich daran, wieder Zürideutsch zu lernen." Und gibt es etwas, das Bern einem Zürcher nicht bieten kann? Stephan sehnsüchtig: "Der See…"
Grosse Ohren... machten die Besucher des Musig Bistro
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