Undercover bei den Time Bandits
Text/Bilder: Monthy
Coverbands kommen in der Hierarchie der Rockmusik gleich nach Schülerbands. Vielleicht stammt dieses Vorurteil daher, dass so manch eine Band mit ´geliehenen´ Stücken angefangen hat und erst mit der Zeit eigene Songs zu schreiben begann. Es gibt aber auch Bands, die viel bewusster covern. Sei dies als Tribute-Band, welche sich auf Songs eines einzigen Künstlers beschränkt, oder als Partyband im Stile des Sixties Club. Im Zeitalter von Star-Search kann man sich als Musiker mit dem Nachspielen fremder Songs gar ein Zubrot verdienen. Bei Anlässen wie Open Mic oder Karaoke from Hell beispielsweise. Letzeres ist auch Lukas Rüdin, einem Arbeitskollegen von mir und Sänger der Time Bandits, ein Begriff. Die "Zeit-Banditen" Daniel Delmont, Fredy Wiederkehr, Urs Haller und James Ender spielen Covers von AC/DC, Metallica oder auch Queen und rocken dabei mindestens genauso wie die Originale. Nach deren zweistündigem Auftritt an der Blues & Rocknacht in Rorbas nutze ich die Gelegenheit, Lukas zum Mythos ´Coversongs´ zu befragen.
Leicht ketzerisch erwähne ich das Vorurteil, gecovert würde vor allem von denen, die keine eigenen Songs schreiben könnten. Oder gibt es auch noch andere Gründe? - Lukas: "Der grösste Anreiz, Covers zu singen ist für mich eigentlich, dass es einfacher ist, gebucht zu werden. Jedenfalls empfinde ich das so. Eigene Songs schreiben wir, genauer Gitarrist, Schlagzeuger und ich, schon auch. Wir sind aber im Moment noch nicht so weit, sie auch spielen zu können." Covers eignen sich also auch als Einstieg, was aber nicht so sehr auf die Windischer zutrifft. Ich frage nach den Hintergründen der Time Bandits - "Diese Band ist ganz klar eine ´Plausch-´ oder Feierabend-Band, die allerdings mit sehr viel Herzblut gemacht wird. Wir sind ziemliche Spinner. In unserem riesigen Übungsraum ist ein komplettes PA aufgebaut und eine komplette Lichtanlage. Ich habe wirklich noch nie eine Band mit einem so grossen Übungsraum gesehen. Die Time Bandits existieren eigentlich schon seit zwanzig Jahren und dazu gehört auch eine grosses Drumherum, viele Kollegen besuchen die Proben wie ein Konzert. Wir wollen denn auch vor allem ein guter Live-Act sein, den Leuten Freude machen und uns selbst."
Die Auswahl der Songs wird bei den Time Bandits demokratisch ausdiskutiert. Lukas, der erst seit 2004 die Front der Rocksaurier bildet, fühlt sich gut ins Bandgefüge integriert. - "Man sieht auch, es sind nicht nur mega berühmte Songs drin. Monster Magnets ´Unbroken´ kennen nicht viele Leute, ´Tie your mother down´ ist auch nicht der erste Song, der einem bei Queen in den Sinn kommt. Und The Who spielt schon gar nicht jede Coverband. Wir legen grossen Wert auf eine Mischung aus Songs, die jeder mitsingen kann, und solchen, die wir spielen wollen." Besonders unfair scheint das oben angetönte Vorurteil der Anfängerband vor dem Hintergrund, dass der Sänger einer Coverband sich mit den Besten seines Fachs messen muss. Im Fall von Lukas sind es die Shouter aus den guten alten Zeiten von Hardrock und Metal. Diese Songs fordern dem Stimmorgan oft alles ab. "Das ist schon so", anerkennt Lukas nüchtern, "als Sänger ist es eine echte Challenge diese brutalen Höhen zu singen wie die Originale. Ob das jetzt ein Rob Helford, ein Freddie Mercury oder ein Bon Scott von AC/DC ist, ich versuche natürlich, so nahe wie möglich an sie heran zu kommen. Aber schlussendlich sind alle unsere Songs ´covered by Time Bandits´ und wir spielen sie eigentlich so, wie wir sie spielen wollen. ´Locomotive breath´ beispielsweise spielen wir sehr rockig, es muss also nicht immer originalgetreu sein."
"Du siehst dir also nicht extra deswegen Musikvideos an...", merke ich zweideutig an und Lukas beantwortet meine unausgesprochene Frage nach dem Showfaktor, der bei den Time Bandits nicht zu kurz kommen darf. Zuerst aber meint er eindeutig: "Ich sehe mir praktisch keine Musikvideos an, kein MTV oder VIVA. Was ich aber sehr gerne sehe sind Live-Mitschnitte, die ich mir dann aber richtiggehend reinziehe. Die anderen sind da genauso. Es zirkulieren immer Videos von The Who oder Malmsteen unter uns und die konsumieren wir ambulant..." Frech bezeichne ich eine Bühne als eigentlich unpassenden Ort sich auszutoben, weil es auf Schweizer Bühnen selten genug Platz hat für eine richtige Rockband. Lukas kontert amüsiert und gewinnt der Situation auch Gutes ab: "Also gut, die richtig grossen Bühnen muss man sich erst verdienen... Die von heute war recht gut, lustigerweise genauso gross wie die in unserem Übungsraum. Ich hatte schon etwas Platz, konnte ein bisschen rumtoben. Wenn du auf einer Riesenbühne hin- und herrennen müsstest, gerietest du irgendwann auch ziemlich ausser Atem."
Platz hat es dafür meistens vor der Bühne, wo sich die Fans auch zu Beginn der Blues & Rocknacht in Rorbas kaum hingetrauen. Lukas löst das Problem gut und schliesst im wahrsten Sinne des Wortes die Lücke, auch wenn er sich dafür sogar unter die Leute mischen muss. Ich bitte ihn um ein Rezept für andere Bands, die ab und zu vor diesem Problem stehen. - "Freibier offerieren! Die ersten fünf, die nach vorne kommen, kriegen ein Gratis-Bier. Das funktioniert, auch wenn der Veranstalter dann nicht so Freude hat... Nein, du musst richtig rackern dafür, die Leute nach vorne zu holen. Du musst Herz zeigen. Das ist auch das Gute an den Time Bandits, weil wir Herz haben. Aber das funktioniert natürlich auch nicht auf Anhieb. Es dauert schon bis zu einer Stunde, bis sie ganz vorne stehen. Und du musst es ihnen sagen, allerdings erst, wenn du sie soweit hast, dass sie auch wirklich kommen. Wenn du dich wirklich abrackerst für sie, dann honorieren sie das auch. Das ist der kleine Kick, den sie brauchen!" Eine Erklärung für dieses Phänomen hat Lukas hingegen auch nicht: "Ich schätze, es hat mit der Mentalität zu tun. Wenn ich an ein Konzert gehe, bin ich eigentlich meistens in den vordersten Reihen anzutreffen. Viele Schweizer sind etwas reservierter, wollen sich das Ganze erstmal ansehen und sich nicht exponieren. Das gehört sich nicht wirklich in der Schweiz. Dabei ist es echt geil. Da vorne kriegst du auch wirklich alles mit!"