Timothy Jaromir - The Flying Jewel EP (Vissen Records)
11.10.2011; Text: Monthy, Bild: Cover
Wie im Interview diesen Sommer angekündigt, folgt auf Jaromirs hart erarbeitetes Debutalbum aus dem Jahr 2010 diesen Herbst eine EP, die in vielerlei Hinsicht ein richtiges Kontrastprogramm darstellt. Der tendenziellen Schwere, die den Songs des Zürchers, der in Tönen und Songzeilen Geschichten erzählt, bisher innegewohnt hatte, weicht der kanadischen Spontanität. In Toronto aufgenommen und frisch von der Leber weg gespielt, scheint es fast ein bisschen, als ob er sich vor der eigenen Seriösität emanzipieren musste. Eine Reise, die einem aus dem alltäglichen Trott, den es offenbar sogar für Musiker gibt, richtiggehend heraus reisst und einem mit neuen Situationen konfrontiert ist dafür wie geschaffen. Dass auch schon das Debut eine Reise war, tut da nichts zur Sache. Der Prozess, den die CD umreisst, hat Jaromir schlussendlich fast zwei Jahre gekostet. Kanada war nun eigentlich eine Erholungsreise und befreiend. Dass er dort auch sein Liebesglück gefunden hat, war dem ganzen sicher nicht abträglich. Durch Freundin Christina Maria fand Jaromir für sein Ad-Hoc-Projekt denn auch zu seinem Produzenten und Gitarristen David Gavan Baxter. In dessen Home-Studio entstanden in einer Atmosphäre von an der Wand hängenden Vintage-Gitarren und selbgeröstetem Kaffee vier Songs in gerade mal zwei Tagen. Auch musikalisch schlägt diese Befreiung Timothys zu Buche. Die Songs kommen in Americana-, teils fast Country-Stil daher. Die bereits im September veröffentlichte Single "Heartlines" stampft gemütlich und Jaromirs warme Stimme beherrscht den Soundteppich als ob er schon immer solchen Sound gemacht hätte. Ein altes Piano, das tatsächlich bei Baxter herumstand und dem man sein Alter positiv anhört, sorgt für zusätzlichen Charme. "Feathers" weist mit einer gedämpft-gezupften und einer klingenden Country-Gitarre, die teils im luftleeren Raum zu schweben scheint, eher Bluesrock-Charakter auf. In "The Artist" umgarnen dagegen wieder akustische Klänge die vollbauchige Leadgitarre und Timothy lädt ein, den Kopf aufs Kissen zu legen. Die Melodie des abschliessenden "Home again" erinnert - gewollt oder nicht - kurzzeitig an "Honky Tonk Woman". Ganz unbeabsichtigt ist dagegen sicher die Alliteration in der Bridge, die ich fast genau so aus Paul Etterlins "Best Friend" kenne. Der Song lebt von einem unterschwelligen Touch 70er Jahre. Der zusammenfassende Titel "The Flying Jewel" bezeichnet übrigens den schillernden kanadischen Kolibri, den Jaromir richtigerweise zum Symbol seiner "Canadien Experience" erwählte.