Trauffer kehrt zurück nach Brienz

Text: Sandy
Bilder: musicbild.li
Trauffer live am Brienzersee Rockfestival 2008
„Mängisch isch es eifach besser, me lat Tröim nur Tröim la sii, so bliebe si für ewig…“, singt Marc A. Trauffer auf seinem ersten Solo-Album „Pallanza“. Als Frontmann von Airbäg konnte er einen erfolgreichen Traum ausleben, hat ihn aber auch abrupt beendet. Nun hat er seine damalige Zeit losgelassen und einen neuen musikalischen Weg gefunden. „…doch was wär mi graui Alltag, ohni Gedankenflücht und Wünsch, de machi eifach d Ouge zue u mii Hoffnig überstiigt der Horizont“, lautet die Textpassage im Song „Maa ufem Mond“ weiter. Genau dort am Horizont strahlt noch ganz frisch sein neues Musik-Licht, welches sich schlicht und einfach Trauffer nennt. Ende Juli ist „Pallanza“ auf den Markt gekommen. Anfang August gab er zusammen mit seiner neuen Band sein drittes Konzert. Es war ein Zurückkommen auf die Rockbühne, die ihm am meisten bedeutet. Denn sie steht nur ein paar Kilometer von seinem Daheim in Hofstetten entfernt – am Brienzersee Rockfestival.
Trauffer live am Brienzersee Rockfestival 2008
„Streng war es, vor allem vor dem Auftritt“, ist Trauffers spontane Antwort auf die Frage, wie er sich bei seiner musikalischen Heimkehr fühlt. „Ich bin bei den ersten beiden Konzerten weniger nervös gewesen, als heute - weil ich hier Zuhause bin“, sagt der Lokalmatador. Nach elf Jahren Airbäg ist der Musiker gereift und hat sich Zeit genommen, Sachen zu verdauen. Musikalisch ist er ruhiger geworden: „Früher musizierten wir spasseshalber – einfach so drauflos. Nun ist es anders.“ Damals haben sie simple Geschichten erzählt und erfunden, jetzt gehe es um mehr.
Trauffer live am Brienzersee Rockfestival 2008
Trotz der ruhigeren Songs, die vor allem durch die gradlinigen, oft auch nachdenklich stimmenden Texte auffallen, kann Trauffer sein Temperament auf der Brienzer Bühne nicht zurückhalten. Er wagt wie schon zu Airbäg-Zeiten einen Sprung ins Publikum und lässt sich von seinen Fans in die Luft werfen. Er hat keine Hemmungen, zusammen mit seinem Gitarristen Barhocker in die Zuschauer zu stellen und dort mitten in den Leuten einen Song zum Besten zu geben. „Ich glaube schon“, ist die kurze und bündige Antwort, auf die Frage, ob er das Spiel mit dem Publikum brauche. Es komme auf den Rahmen an. Mit Unplugged Showcases könne er jetzt mit seiner neuen Band auch ruhigere Gigs geben. Das sei eine neue Erfahrung, die auch schön sei. „Wenn die Leute sitzend zuhören, dann kann ich mich gut zurückhalten“, gibt Marc zu. „Aber hier am Rockfest musst du ja Gas geben, das geht nicht anders“, fährt er lachend fort. Während seiner Show kann er es auch nicht lassen, alte Airbäg-Ohrwürmer zu spielen. „Airbäg ist ein Teil meines Lebens. Es ist nicht einfach nur Geschichte und kein Thema mehr“, sagt Marc und ist überzeugt, dass auch Leute an seine Konzerte kommen, die das erwarten. „Es wäre unfair, wenn ich sie ganz Beiseite legen würde.“
CD-Cover: Trauffer - Pallanza
„Pallanza“ heisst sein neues Album und ist der Name einer Ortschaft in Norditalien. Dorthin ist Trauffer gefahren, „um Schiff- und Aufbruch zu erleben“, steht im Booklet. Auch Brienz hat einen wunderschönen See zum sich Hinsetzen, und auch hier könnte man Lebenssituationen verdauen. Hier habe Marc seine Airbäg-Scheiben geschrieben, für sein neues Ding benötigte er aber die Reise nach Pallanza: „Das neue Album ist sehr viel persönlicher, da war es besser, dass ich zum Schreiben dieser Songs fortging.“ „I weiss nit, ob du das weisch, das du mier denn weh hesch gmacht, i dere churze, i dere chalte, i dere einzige Nacht“, singt er im Song „Chartehuus“, und fühlt sich selber so unsicher, wie das schwankende Gebilde aus Karten gebaut. „Ich bin mir beim Schreiben nicht ganz bewusst gewesen, was für ein Echo es auslöst, wenn die Texte so tief gehen“, gesteht Marc. Erst wollte er sein persönliches Leben nicht preisgeben, und er habe alle Storys so verfremdet, dass sie der Wahrheit nicht entspreche. Freund Reto Burrell habe ihn dann dazu ermutigt, sich nicht gegen die Ehrlichkeit zu wehren und zu seinen Gefühlen zu stehen. „Das ist jetzt okay, es ist ehrlich und gut so“, sagt Marc und sein Blick schweift ins Endlose.
Trauffer live am Brienzersee Rockfestival 2008
Das Foto auf dem CD-Cover habe er selber geknipst, entgegen allen fotographischen Regeln sei er dafür ins Gegenlicht gestanden und habe so den Schiffssteg von Pallanza bildlich festgehalten. Marc verrät die Bedeutung: „Es soll aussagen, dass einem beim Begehen des offenen Tors Hoffnung und Sonne entgegen kommen.“ Trauffer hat auch ein Lied über seine Flucht nach Norditalien geschrieben: „Mier hei eifach dr erschti Zug gno, eifach der erschti Wäg, kei Frag wos söll hii gah, eifach wäg von hie.“ Auch Hanery Amman ist damals mit Rosmarie an das Meer gezogen. Pallanza soll keine moderne Fortsetzung von dieser Story sein, eher eine Hommage an den Ort, der ihm viel bedeute.
Trauffer live am Brienzersee Rockfestival 2008
Der Produzent des Albums ist Philipe Burrell. Er ist mit seiner Band Marygold eher in der Indie-Pop Welt zu finden. Auch Trauffers Musiker sind nicht Mundartrocker. Er begründet das so: „Wenn man mit Leuten zusammenarbeiten, die immer Mundartrock machen, dann reiht sich der Sound in das selbe Schema ein.“ Dies versuchte er mit ihrer aussergewöhnlichen Zusammensetzung zu durchbrechen. „Es entspricht meinen Vorstellungen. Ich möchte keine gängiges Klischee wiederholen“, verrät Marc. Bei einem ruhigen Song müsse ja nicht jedesmal irgendwelche Streicher die Melodie untermalen. „Das konnten wir so umschiffen. Und das war das Ziel“, sagt der Sänger. Trauffer hat Philipe bei der Produktion freie Hand gelassen, und er habe das hervorragend realisiert. Für den Musiker aus Hofstetten bei Brienz war es von Anfang klar, dass er sein Soloprojekt in Mundart starte. „Ich kann weder Französisch noch Englisch – höchstens ein Bier bestellen“, sagt er lachend und ergänzt: „Besonders jetzt, wo die Texte so tief gehen, muss ich mich in der Sprache, in der ich singe, ausdrücken können.“ Und er gibt auch zu: „Ich bin mit Mundartmusik aufgewachsen, ich höre und liebe diese Art Musik. Das ist mein Weg, ich kann gar nichts anderes.“
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