Triple9: Zehn Charaktere – eine Liebe

Text: Bäumli
Bilder: musicbild.li
Triple9 live am Openair Frauenfeld
„Wir sind zehn Leute, davon sechs Rapper. Wenn wir zusammen im Studio sind, haben wir einfach eine geile Zeit. Einer fängt an zu rappen und die andern feiern ihn, weil sie’s so geil finden. Weisst du, bei uns ist jeder Fan des andern. Alle starten durch, wenn einer einen geilen Vers dropt“, erklärt Fetch, seines Zeichens Brandhärd-MC und Mitglied des zehn Mann starken Kollektivs aus Basel. Das Phänomen Triple9: Zehn Charaktere – eine Liebe. Und dies liessen die Mannen auch das Publikum am Openair in Frauenfeld spüren.
Triple9 live am Openair Frauenfeld
Basel schliesst sich zusammen. Triple9, das sind Fetch, Mr. Fierce und Johny Holiday (Brandhärd), Zitrale und Maggi (Stuuberocker), Abart (Taktpakt), Thierry (Freakanoid), Mars und Simon Ay Em, sowie Miguel für die Graphics. Diese Kollabo sei dank der Aufnahmen zu Abart’s Soloalbum ‚Wäggselspil’ entstanden. Man habe sich jeweils am Mittwoch im Studio getroffen und irgendwann dazu entschlossen, zusammen ein paar Tracks aufzunehmen, erklärt Thierry. Brandhärd habe dann schliesslich die Initiative übernommen und sich für die Gründung eines Labels stark gemacht. „Nachdem wir im Studio einen Wasserschaden hatten und all unsre Kraft in den Wiederaufbau gesteckt hatten“, fährt Fetch fort, „hat Abart den ersten Energieschub gehabt. Er machte sich voller Enthusiasmus daran, sein Soloalbum aufzunehmen und hat uns alle mit seinem Fieber angesteckt.“ So entstanden Mittwoch für Mittwoch neue Tracks. Jeder, der Lust dazu hatte, durfte sich an diesem Projekt beteiligen. Zitrale fasst diesen Entstehungsprozess folgendermassen zusammen: „Triple9 ist einfach straighter Rap, wir lieben Rap und machen Rap so, wie wir ihn für richtig halten, wie er klingen muss und geben explizit ‚en Figg ufä Räscht’“.
Tiple9 live am Openair Frauenfeld
Basel schliesst sich zusammen. Triple9 ist die Konsequenz. Und auch Black Tiger und Kalmoo beteiligen sich am Projekt. In Zürich und Bern sieht es dank Crews wie Broken Mental und Chlyklass ähnlich aus. Ich werde mit Blick auf solche Zusammenschlüsse, sowie wegen diverser Diss-Triaden und anderen Streitigkeiten und – wie man so schön sagt – Beef zwischen verschiedenen Parteien, das Gefühl nicht los, dass es der Schweizer Hip Hop-Szene manchmal ein wenig an Zusammenhalt mangelt. „Wir sind für Basel absolut und repräsentieren das auch konsequent“, erklärt Fetch und fügt an, „was aber nicht heisst, dass wir gegen die andern sind“. „Die Sache ist die: Wir Basler halten immer zusammen“, greift Zitrale das Gesagte auf und fügt an, dass dies aber keineswegs ausschliesse, auch gemeinsame Sache mit Leuten von sonst wo zu machen. „Wir spielen in Zürich an der Plattentaufe von Semantik’s Album. Wir supporten Semantik aus Liebe, verstehst du, es geht nicht darum, wer woher kommt“, obschon es natürlich immer noch solche Leute gebe, die das Gefühl hätten, dass es darauf ankomme. „Mir ist es egal, woher du kommst. Es geht darum, wie du bist und ich denke, dass dies auch der Grundgedanke des Hip Hop ist.“ Oder wie es Max Herre auf dem Track ‚Esperanto’ so schön gesagt hat: „Es ist nicht wer du bist, es ist was du machst“. Und dann hält es Black Tiger nicht mehr nur als Zuhörer aus und erklärt, dass es schon immer das Problem der Städterivalität gegeben habe, dieses Problem „können wir aber dank der Musik auch überwinden, die Musik gibt uns schlussendlich auch den Weg und die Möglichkeit, andere Städte und Mentalitäten kennen zu lernen. Es geht darum, den Leuten, die etwas leisten, Respekt zu zollen. Wir haben lange gebraucht, etwas aufzubauen, genauso wie die Leute aus andern Städten“. Die Leute, die selber aktiv seien, wüssten, wovon er hier rede, meint Black Tiger. Deshalb habe jemand, der eben selber aktiv sei, mehr Respekt und Verständnis für andere Artists, als dies ein Konsument habe. „Sehr oft gibt es Rivalität unter den Hörern.“ Schlussendlich gehe es Hip Hop doch schon seit jeher auch ums Representen. „Es ist normal, dass man seine Umgebung beleuchtet und auch ein wenig glorifiziert“, meint Tiger weiter, denn die Einflüsse aus der Umgebung, in der man aufwachse und lebe, präge jeden von uns.
Triple9 live am Openair Frauenfeld
Die Herren aus Basel wissen, wovon sie reden; handelt es sich doch um ‚Szene-Urgesteine’, die seit Tag Eins mit von der Partie sind. Da kommt unweigerlich die Frage auf: Wofür der ganze nicht eben gerade kleine Aufwand? Ist der Antrieb alleine die Liebe zur Sache oder hegen die Tripel9-er Hoffnung, mit der Musik Big Business zu machen? „Also, ich rappe eigentlich nur, weil ich nicht Fussball spielen kann“, erklärt Zitrale unter dem Gelächter von Thierry, Fetch und Black Tiger. Und auch ich kann mir ein Schmunzeln nicht verkeifen. Dann fügt der Stuuberocker an, dass in der Tat nicht viel zurückkomme. Und dann beginnt die zitrale’sche Philosophiestunde: „Vieli MCs schleppäd huerä viel Schnägge ab, ich nid. Irgendwelchi MCs mache unglaublich viel Cash mit Rap, ich nid. Aber ich mach’s länger und ich mach’s besser.“
Triple9 live am Openair Frauenfeld
Dass bei den Jungs von Triple9 die Liebe zur Sache im Vordergrund steht, wird einem klar, wenn man sich vor Augen führt, was das noch junge Label bereits alles geleistet hat. So hat das Kollektiv schon viele kleinere, aber auch grössere Auftritte wie jener am Openair Frauenfeld absolviert. Abart hat sein Soloalbum ‚Wäggselspil’ und Brandhärd ihr internationales Kollabo-Album ‚Même Sang’ mit dem Kenianer Mamoney über Triple9 releast. Noch im August steht das Crew-Album an. Es handle sich dabei um ein Mixtape, das von Mars Digital und Johny Holiday zusammengemixt wurde, erklärt Fetch. Der Unterschied zu anderen Mixtapes sei derjenige, dass es sich bei allen Songs um eigene Produktionen handle. „Es ist eigentlich schon ein Album, aber es reicht uns einfach nicht“, erklärt Zitrale. „Wir haben das Gefühl, dass wir es besser können.“ So müssen wir uns also noch bis nächstes Jahr gedulden. Dann soll nämlich das ‚echte’ Triple9-Album in die Regale gestellt werden. Nur noch bis in den Herbst müssen wir auf das neue Brandhärd-Release warten. Und auch Zitrale wird, wenn alles nach Plan läuft, noch dieses Jahr sein Solodebut droppen. Ja, da geht einiges. Oder wie es Thierry formuliert: „Triple9 – dasch Rap, mach wasde willsch, aber mach’s rächt.“
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