Slädu: Endlich kommt das Solo-Album
25.1.2012/Text: Ko:L, Bilder: Promo
«Die Idee, ein Soloalbum zu machen, ist 14 Jahre alt», sagt Gitarrist Slädu. Die Gründe sind vielfältig, warum es so lange dauerte, bis der 43-Jährige sein erstes eigenes Album produzieren konnte. «Rückblickend konnte mir nichts Besseres passieren, als dass die Jahre vergehen mussten und ich all diese Leute treffen durfte», sagt der Mann, der in der Region Thun aufwuchs und einst im Musikladen Unisono in Steffisburg Gitarrenunterricht gab. Gölä war einer der Gründe, warum Slädu so lange brauchte, um ein eigenes Album aufzunehmen. Es ist verbrieft, wie Gölä mit Bier und Gitarre im Übungsraum von Perica und seinen damaligen Mitmusikern auftauchte und fragte, ob sie helfen würden, seine «Liedli» aufzunehmen. Es war der Grundstein für eine der erstaunlichsten Karrieren der Schweiz – und der letzte Nachbrenner für Slädu auf seinem Weg zum gefragten Profigitarristen. Nach Gölä führte Slädus Weg mit angesagtesten Schweizer Acts ins In- und Ausland: Mit Florian Ast tourte er durch die Schweiz, mit DJ Bobo durch Europa – und mit Bligg schrieb Slädu ein weiteres Mal Schweizer Musikgeschichte. Lange bevor Bligg mit «Rosalie» einen Überhit landete, wirkte Slädu schon beim Album «Mit Liib und Seel» mit. «Ich hatte die Gelegenheit, mit wunderbaren Künstlern zu arbeiten», sagt Slädu, der einst auch in Bern und Zürich die «Night of the Guitars» orchestrierte und die besten Gitarristen der Schweiz auf die Bühnen des Bierhübeli und des Kaufleuten holte.
«Es war spannend, zu beobachten, wie sich die Sängerinnen und Sänger ins Zeug legten bei den Aufnahmen – alle mit dem Anspruch, den besten Song zu liefern.» So sind seit Sommer 2011 achtzehn Lieder entstanden; drei davon instrumental, die anderen gesungen von neun Sängerinnen und Sängern, darunter bekannte Namen wie Marc Storace, Gölä, Rapper Bligg oder Carlos Leal. Mit Mylious Johnson hat sich Slädu den Schlagzeuger von Pink geholt, Bassist Matteo Bassi groovt normalerweise für Italosuperstar Laura Pausini. Und mit Giles Broadbent hat er für einen Song einen Ausnahmegeiger aus England engagiert. Es ist unverkennbar, dass Slädu ein Kind der gitarrenlastigen 70er- und 80-Jahre ist. Gleichzeitig ist unüberhörbar, dass er namentlich zuletzt mit Bligg auf der Höhe des musikalischen Zeitgeistes agiert hat. «Natürlich steht die Gitarre auf dem Album im Mittelpunkt», sagt er. «Es war schliesslich immer mein Traum, als Gitarrist ein ganzes Album zu machen mit Songs, die ich selber geschrieben und produziert habe.» Anders als Gitarrengötter wie Steve Vai oder Joe Satriani strapaziert aber Slädu das Gehör gewöhnlicher Musikfans nicht mit ausschliesslich episch langen Soli. Das Album «Slädu» besteht aus Rocksongs, die dem Begriff «Song» tatsächlich gerecht werden. «Ich bin und war schon immer ein Songwriter», sagt der Vollblutmusiker und ist überzeugt, dass das Album für jeden Geschmack etwas bietet.
So sind es die jungen Stimmen, die auf «Slädu» am meisten überzeugen: Marina Santelli mit ihrem Soul, Marc Robin, der mit «Dass ich dich will» eine echte Soul-Rock-Nummer intoniert, Gianni Pontillo, der beweist, dass er mehr als eine eindimensionale Rockröhre ist, und Corinne «Coco» Gfeller, die zuletzt als Backgroundsängerin von Gölä auf sich aufmerksam machte. Die Stimme der 25-jährigen Italienerin Marina Santelli klingt glasklar, Gänsehaut wandert mit dem ersten Ton den Rücken hinauf. Im Refrain von «We Can Fight for Our World» setzt die 25-jährige Newcomerin zu einem Fortissimo an, das Überfliegerinnen wie Adele oder Duffy vor Neid das Blut in den Adern gefrieren lassen dürfte. Die akustische Gitarre könnte von Gotthard stammen. Doch mit seinem Timbre und rauchiger Stimme haucht Gianni Pontillo «No Time» bei aller Sanftmut jenen Rock’n’Roll ein, welcher den Balladen der Tessiner oft abgeht.
Irgendwie will «Loosen Up» nicht in das Bild des latent traurig wirkenden Bluesers Philipp Fankhauer passen. Da hüpft eine Gitarre im Offbeat, das Arrangement und die Chöre wirken soulig, modern, poppig. Anders, als man es sich vom Thuner gewohnt ist – aber unverwechselbar Fankhauser. Gölä singt «Taking the Long Way Home» in bester Americana-Manier. Slädu hat es fertiggebracht, dass der Büezer, der nichts mehr zelebriert hat als das Fernweh, sich plötzlich nach der Heimat sehnt. Die Chöre am Ende des Songs würden auch ZZ-Top gut anstehen. Andreas Kühnrichs Cello führt derweil ein Streicherensemble an, auf das Robert Plant und Jimmy Page in ihren kreativsten Tagen mit Led Zeppelin neidisch geworden wären. Marc Storace schmettert «Open Up Your Love» aus den Boxen, als wäre er noch einmal 30 Jahre jung und Woodstock noch keine ferne Legende, sondern junge Vergangenheit. Handkehrum duelliert er sich in «Wild and Restless» mit funky Horns, als wollte er es mit Discosouler Jan Delay aufnehmen.
Nach Monaten im heimischen Studio, im H2U-Studio in Thun oder bei Aufnahmen in Los Angeles brennt Slädu spürbar darauf, die Songs unter die Leute zu bringen. Das Album erscheint Anfang März, eine Tour mit Das Zelt ist gebucht, Gespräche für weitere Gigs laufen. «Natürlich wäre es toll, wenn wir jedes Mal alle Sängerinnen und Sänger dabei haben könnten», sagt Slädu, «aber das lässt sich organisatorisch nicht machen.» Zum Release des Albums werde es einen Event geben, an dem zahlreiche der Künstler auftreten, die am Album mitgearbeitet haben. «Aber auf Tour haben wir Gianni Pontillo und Marina als Sänger und Sängerin.»